Kein Pflegegeld bei länger als 28 Tage dauernder stationärer Behandlung
SG Osnabrück v. 7.9.2021 - S 14 P 16/19
Der Sachverhalt:
Die Klägerin, ein 2008 geborenes Mädchen, leidet an Trisomie 21, einer Darmerkrankung und einem angeborenen Herzfehler. Für sie wurde der Pflegegrad 4 anerkannt, und sie bezog Pflegegeld für die häusliche Pflege durch ihre Eltern. Von September 2017 bis August 2018 wurde das Mädchen in einem Herzzentrum stationär behandelt. Für die ersten 28 Tage des Krankenhausaufenthaltes zahlte die beklagte Pflegeversicherung Pflegegeld, für den Zeitraum darüber hinaus nicht. Die Pflegekasse verwies darauf, dass Pflegegeld nur für 28 Tage gezahlt wird, weil danach von Gesetzes wegen das Ruhen angeordnet sei (§ 34 Abs. 2 Satz 2 SGB XI).
Das durch seine Eltern vertretene Mädchen machte im Klageverfahren geltend, wegen der Komplexität seiner Erkrankung und der erwarteten Spenderherzoperation sei eine ständige Präsenz der pflegenden Eltern erforderlich gewesen. Die gesetzliche Regelung würdige individuelle Umstände nicht. Faktisch hätten seine Eltern die eigentlich dem Krankenhaus obliegende Pflege übernommen.
Das SG hat dagegen die Entscheidung der Pflegekasse bestätigt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Die Gründe:
Es ist die Regelung des § 34 Abs. 2 Satz 2 SGB XI anzuwenden: Hiernach wird Pflegegeld nur für vier Wochen eines stationären Krankenhausaufenthalts gezahlt; dann ruht der Anspruch. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll auf diese Weise eine Doppelzahlung vermieden werden. Denn ein objektiver Pflegebedarf an häuslicher Pflege besteht nicht parallel bei stationärer Versorgung. Würde also - über die vier Wochen hinaus - während des Krankenhausaufenthaltes Pflegegeld gezahlt, käme es zumindest finanziell zu einer doppelten Leistung.
Individuelle Umstände berücksichtigt das Gesetz nicht. Das gilt auch dann, wenn wie im zu entscheidenden Fall nachvollziehbar ist, dass eine Präsenz der Pflegeperson bei dem Pflegebedürftigen notwendig ist. Auch eine Minderjährigkeit, Behinderung des Pflegebedürftigen oder ein langer Krankenhausaufenthalt führen nicht zu einer anderen Einschätzung.
Es besteht auch kein Raum für eine analoge Rechtsanwendung. Denn durch die ausdrückliche Regelung des § 34 Abs. 2 S. 2 SGB XI besteht die dafür erforderliche Regelungslücke gerade nicht.
SG Osnabrück PM vom 28.9.2021
Die Klägerin, ein 2008 geborenes Mädchen, leidet an Trisomie 21, einer Darmerkrankung und einem angeborenen Herzfehler. Für sie wurde der Pflegegrad 4 anerkannt, und sie bezog Pflegegeld für die häusliche Pflege durch ihre Eltern. Von September 2017 bis August 2018 wurde das Mädchen in einem Herzzentrum stationär behandelt. Für die ersten 28 Tage des Krankenhausaufenthaltes zahlte die beklagte Pflegeversicherung Pflegegeld, für den Zeitraum darüber hinaus nicht. Die Pflegekasse verwies darauf, dass Pflegegeld nur für 28 Tage gezahlt wird, weil danach von Gesetzes wegen das Ruhen angeordnet sei (§ 34 Abs. 2 Satz 2 SGB XI).
Das durch seine Eltern vertretene Mädchen machte im Klageverfahren geltend, wegen der Komplexität seiner Erkrankung und der erwarteten Spenderherzoperation sei eine ständige Präsenz der pflegenden Eltern erforderlich gewesen. Die gesetzliche Regelung würdige individuelle Umstände nicht. Faktisch hätten seine Eltern die eigentlich dem Krankenhaus obliegende Pflege übernommen.
Das SG hat dagegen die Entscheidung der Pflegekasse bestätigt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Die Gründe:
Es ist die Regelung des § 34 Abs. 2 Satz 2 SGB XI anzuwenden: Hiernach wird Pflegegeld nur für vier Wochen eines stationären Krankenhausaufenthalts gezahlt; dann ruht der Anspruch. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll auf diese Weise eine Doppelzahlung vermieden werden. Denn ein objektiver Pflegebedarf an häuslicher Pflege besteht nicht parallel bei stationärer Versorgung. Würde also - über die vier Wochen hinaus - während des Krankenhausaufenthaltes Pflegegeld gezahlt, käme es zumindest finanziell zu einer doppelten Leistung.
Individuelle Umstände berücksichtigt das Gesetz nicht. Das gilt auch dann, wenn wie im zu entscheidenden Fall nachvollziehbar ist, dass eine Präsenz der Pflegeperson bei dem Pflegebedürftigen notwendig ist. Auch eine Minderjährigkeit, Behinderung des Pflegebedürftigen oder ein langer Krankenhausaufenthalt führen nicht zu einer anderen Einschätzung.
Es besteht auch kein Raum für eine analoge Rechtsanwendung. Denn durch die ausdrückliche Regelung des § 34 Abs. 2 S. 2 SGB XI besteht die dafür erforderliche Regelungslücke gerade nicht.