21.03.2023

Kein Unfallversicherungsschutz bei Schlägerei wegen zugeparkter Betriebseinfahrt

Kommt es während einer Betriebsfahrt zu einer gewaltsamen Auseinandersetzung mit einem anderen Verkehrsteilnehmer, weil dieser sich beleidigend verhält, stellen die daraus resultierenden Verletzungen keinen Arbeitsunfall dar. In der obergerichtlichen Rechtsprechung ist anerkannt, dass insbesondere das Zurechtweisen anderer Verkehrsteilnehmer auf dem Weg zur Arbeit oder auf Betriebswegen nicht der betrieblichen Tätigkeit dient und etwaige hieraus resultierende Verletzungen unabhängig vom Verschulden dem privaten Lebensbereich zuzurechnen sind.

SG Berlin v. 16.2.2023 - S 98 U 50/21
Der Sachverhalt:
Der 1978 geborene Kläger war als Bauleiter tätig. Im Februar 2020 war er von einem beruflichen Termin zurückgekehrt, als er die Einfahrt zu seinem Betrieb durch einen LKW zugeparkt sah. Dieser fuhr trotz mehrfacher Aufforderung nicht beiseite. Der Kläger musste daraufhin sein Auto stehen lassen und das Betriebsgelände zu Fuß betreten. Als er kurze Zeit später wieder zu seinem Wagen zurückgekommen war, um einen neuen betrieblichen Termin wahrzunehmen, kam es zu einem Wortwechsel, bei dem Fahrer des LKW den Kläger als "egoistisches Arschloch" beschimpfte. Der Kläger, der im Begriff gewesen war in sein Auto zu steigen, schlug die Wagentür wieder zu und ging zu dem LKW-Fahrer, um "die Sache auszudiskutieren". Im Verlauf des Streitgesprächs schlug der Fahrer dem Kläger ins Gesicht. Der Kläger musste daraufhin wegen einer Mittelgesichtsfraktur operiert werden. Die beklagte Unfallversicherung erkannte den Vorfall nicht als Arbeitsunfall an.

Das SG hat die hiergegen gerichtete Klage abgewiesen. Das Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig.

Die Gründe:
Zwar hat sich der Kläger auf einem an sich versicherten Betriebsweg befunden, als er vom Betriebsgelände wieder zu seinem Auto ging. Er hat diesen Betriebsweg jedoch in den Moment wieder verlassen, als er die Wagentür nach den Beleidigungen des LKW-Fahrers noch einmal schloss, um die Angelegenheit auszudiskutieren. Darin lag eine Zäsur. Ab diesem Moment hat das Handeln des Klägers allein privaten Zwecken gedient, nämlich dem Zur-Rede-Stellen des Kontrahenten.

Während dieser Unterbrechung des Betriebsweges hat kein Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung bestanden. In der obergerichtlichen Rechtsprechung ist anerkannt, dass insbesondere das Zurechtweisen anderer Verkehrsteilnehmer auf dem Weg zur Arbeit oder auf Betriebswegen nicht der betrieblichen Tätigkeit dient und etwaige hieraus resultierende Verletzungen unabhängig vom Verschulden dem privaten Lebensbereich zuzurechnen sind.

Mehr zum Thema:

Rechtsprechung:
Unfallversichert vom Bett ins Homeoffice
BSG vom 8.12.2021 - B 2 U 4/21 R
Axel Braun, ArbRB 2022, 175

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