Keine Arbeitnehmerüberlassung bei Tätigkeit des Arbeitnehmers in einem Gemeinschaftsbetrieb
LAG Mecklenburg-Vorpommern 13.6.2017, 5 Sa 209/16Die Klägerin ist als Krankenschwester seit 1976 bei der Universitätsklinik (Beklagte zu 2) beschäftigt. Das Universitätsklinikum und der Beklagte zu 1), ein gemeinnütziger Verein für chronisch Nierenkranke, hatten 1992 für die ambulante Versorgung von Dialysepatienten ein Nierenzentrum gegründet. Sie haben ihre Zusammenarbeit in einer Kooperationsvereinbarung festgelegt. Danach nehmen beide Beklagten spezifisch bestimmte Aufgaben wahr und die Weisungsbefugnisse wurden dementsprechend untereinander aufgeteilt.
Die Klägerin wurde seit Mai 1994 ausschließlich im Nierenzentrum eingesetzt. Mit der Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes zum 1.12.2011 beantragte die Beklagte zu 2) eine Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis und schloss unter Hinweis auf die gesetzl. Änderung und eine Prüfung durch die Arbeitsagentur mit der Klägerin im Juni 2013 eine Zusatzvereinbarung für Leiharbeitnehmer, in dem sie sich dazu bereit erklärte, mit Wirkung ab 1.1.2013 ihre Arbeitsleistung im Rahmen des AÜG vorübergehend auch bei Drittbetrieben zu erbringen zu einem Arbeitsentgelt des Entleihers.
Mit ihrer erhobenen Klage hat die Klägerin letztendlich von der Beklagten zu 2 ), hilfsweise von dem Beklagten zu 1), die Zahlung des Arbeitsentgelts nach den bei dem Beklagten zu 1) angewandten Tarifverträgen verlangt. Die Klage hatte weder vor dem Arbeitsgericht noch vor dem LAG Erfolg.
Die Gründe:
Die Klägerin hat gegen die Beklagte zu 2) weder aus der Zusatzvereinbarung von Juni 2013 noch aus § 10 Abs. 4 S. 1 AÜG einen Anspruch auf Zahlung des Entgelts aus den bei dem Beklagten zu 1) angewandten Tarifverträgen. Denn die Klägerin ist nicht als Leiharbeitnehmerin i.S.v. § 1 Abs. 1 S. 1 AÜG tätig geworden.
Im vorliegenden Fall handelt es sich nicht um eine Arbeitnehmerüberlassung, sondern um eine Tätigkeit eines Arbeitnehmers in einem gemeinsamen Betrieb. Dies ist voneinander abzugrenzen. Die Klägerin wird in einem Gemeinschaftsbetrieb entsandt, zu dessen gemeinsamer Führung sich die beiden Beklagten rechtlich verbunden haben. Dies kann auch stillschweigend erfolgen. Charakteristisch für das Vorliegen eines Gemeinschaftsbetriebs mehrerer Unternehmen ist dabei, dass die vorhandenen materiellen und immateriellen Betriebsgüter für einen einheitlichen Zweck eingesetzt werden und das Personal von einem einheitlichen Leistungsapparat gesteuert wird.
Im Streitfall führen die Beklagte zu 2 al Vertragsarbeitgeberin der Klägerin und der Beklagte zu 1) das Nierenzentrum gemeinsam. Es besteht ein einheitlicher Leitungsapparat. Die Führung des Personals liegt nicht ausschließlich bei dem Beklagten zu 1). Darüber hinaus setzen beide Beklagten Personal für das Nierenzentrum ein und stellen sächliche Betriebsmittel bereit. Die Beklagte zu 1) bringt Dialysegeräte ein, wohingegen der Beklagte zu 2) das Grundstück zur Verfügung stellt. Die Zusammenarbeit zur Verbesserung der ambulanten Versorgung der nierenkranken Patienten ist zusätzlich auch im Interesse beider Beklagten. Die beiden Beklagten haben in dem Kooperationsvertrag eine gleichberechtigte Zusammenarbeit vereinbart und die Weisungsbefugnisse gerecht aufgeteilt.
Die Klägerin hat daher auch keinen Anspruch gegenüber dem Beklagten zu 1) auf Zahlung des Arbeitsentgelts aus den bei ihm angewandten Tarifverträgen. Denn die Beklagte zu 1) ist nicht Arbeitgeber der Klägerin. Eine Arbeitnehmerüberlassung liegt nicht vor.
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