08.11.2022

Keine Erhöhung des Vergleichswerts durch Vereinbarung einer sog. Sprinterklausel

Die Vereinbarung einer Sprinterklausel (vorzeitiges Ausscheidung bei Erhöhung der Abfindung), einer Verschwiegenheitsklausel und einer Sprachregelung erhöhen den Vergleichswert in der Regel nicht. Es handelt sich regelmäßig um Gegenleistungen zur Beendigung des Rechtsstreits.

LAG Nürnberg v. 31.8.2022, 2 Ta 45/22
Der Sachverhalt:
Die Parteien stritten im Hauptsacheverfahren um die Wirksamkeit zweier Kündigungen, Weiterbeschäftigung, die Rechtswirksamkeit einer Versetzung sowie um Prämienzahlungen für das Jahr 2021 i.H.v. 22.000 € und hilfsweise auch für das Jahr 2022 i.H.v. 13.833 €. Das monatliche Einkommen des Klägers betrug 9.732,38 € brutto (einschließlich Dienstwagen).

Das Verfahren endete durch Vergleich vor dem Arbeitsgericht. Hierin vereinbarten die Parteien u.a. die Beendigung des Arbeitsverhältnisses, die unwiderrufliche Freistellung bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses, eine Regelung über die Prämien, eine Abfindung, eine sog. Sprinterklausel, die Erteilung eines im Einzelnen ausformulierten Zeugnisses, eine Sprachregelung und eine Stillschweigensklausel.

Das Arbeitsgericht setzte den Wert des Streitgegenstandes auf rund 70.661 € (4 Monatsgehälter für den Bestandsstreit, ein Monatsgehalt für den Streit über die Versetzung, 22.000,- € Prämie 2021) fest und den überschießenden Vergleichswert auf zusätzliche 19.464 € (ein Monatsgehalt für den Weiterbeschäftigungsantrag, ein Monatsgehalt für die Einigung auf das Zeugnis). Hiergegen legte der Klägervertreter Beschwerde ein. Er war der Ansicht, beim Vergleichsmehrwert seien die Vereinbarungen bezüglich der Freistellung, der Sprachregelung, der Sprinterklausel sowie der Geheimhaltung wie auch die Prämienzahlung 2022 zu berücksichtigen.

Das Arbeitsgericht half der Beschwerde des Klägervertreters zum Teil ab, setzte den überschießenden Vergleichswert auf 23.131 € fest, da sich die Parteien für das Jahr 2022 auf eine Prämienzahlung i.H.v. 3.666 € geeinigt hätten und legte das Verfahren dem LAG zur Entscheidung vor. Dieses änderte den Beschluss ab, in dem es den Streitwert für das Verfahren auf 83.495 € und den überschießenden Vergleichswert auf 9.7328 € festsetzte. Im Übrigen wurde die Beschwerde zurückgewiesen.

Die Gründe:
Das Arbeitsgericht hat zu Recht die Vereinbarungen über die Freistellung, die Sprachregelung, die Sprinterklausel und die Geheimhaltung nicht werterhöhend berücksichtigt. Von Amts wegen (§ 63 Abs. 3 Nr. 2 GKG) war jedoch zu berücksichtigen, dass der Weiterbeschäftigungsantrag im vorliegenden Fall im Gegensatz zur Ansicht des Arbeitsgerichts nicht zu bewerten war, andererseits aber die Prämie für das Jahr 2022 in der hilfsweise eingeklagten Höhe von 12.833 €.

Für den Vergleich war ausgehend vom Verfahrenswert von 83.495 € lediglich ein überschießender Wert von 9.732 € (= ein Monatsgehalt) festzusetzen. Der hilfsweise geltend gemachte Weiterbeschäftigungsantrag erhöhte den Gegenstandswert nicht. Die Parteien hatten hierüber gerade keine Regelung getroffen. Insoweit war der Beschluss des Arbeitsgerichts von Amts wegen zu korrigieren. Eine Erhöhung des Vergleichswertes wegen der Einigung über die Prämienzahlung 2022 hatte nicht mehr zu erfolgen. Die Prämie für das Jahr 2022 war bereits im Verfahrenswert berücksichtigt.

Die Vereinbarungen über die Sprinterklausel, die Sprachregelung und die Geheimhaltung erhöhen, wie das Arbeitsgericht zu Recht festgestellt hat, den Wert des Vergleichs nicht. Eine Werterhöhung tritt nämlich nicht ein, wenn es sich lediglich um eine Gegenleistung zur Beilegung des Rechtsstreits handelt (vgl. I Nr. 25.1 Streitwertkatalog). Das ist bezüglich der genannten Klauseln der Fall (zur Verschwiegenheitsklausel LAG Nürnberg 30.10.2020 - 2 Ta 123/20; LAG Köln 11.07.2016 - 4 Ta 159/16; LAG Köln 24.06.2016 - 4 Ta 132/16). Aus den Behauptungen des Klägervertreters, dass die Sprachregelung für den Kläger und die Geheimhaltung für die Beklagte ein wesentlicher Punkt der Einigung gewesen sei, ergab sich nicht, dass hierüber vor Vergleichsschluss ein Streit oder eine Ungewissheit bestanden hatte.

Mehr zum Thema:

Rechtsprechung
Jürgen Markowski
Anrechnung anderweitig erzielten Verdienstes bei unwiderruflicher Freistellung"
BAG vom 23.2.2021 - 5 AZR 314/20
ArbRB 2021, 232

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