25.07.2023

Keine persönliche Haftung der GmbH-Geschäftsführer für unterbliebene Zahlung des Mindestlohns

Geschäftsführer einer GmbH haften ggü. den Arbeitnehmern der GmbH nicht deshalb auf Schadensersatz nach § 823 Abs. 2 BGB, weil sie im Einzelfall nach § 21 Abs. 1 Nr. 9 MiLoG iVm. § 9 Abs. 1 Nr. 1 OWiG für Verstöße der GmbH gegen ihre Verpflichtung aus § 20 MiLoG, ihren Arbeitnehmern ein Arbeitsentgelt mindestens in Höhe des gesetzlichen Mindestlohns zu zahlen, bußgeldrechtlich verantwortlich sind. Der Bußgeldtatbestand des § 21 Abs. 1 Nr. 9 iVm. § 20 MiLoG stellt - ungeachtet des § 9 Abs. 1 Nr. 1 OWiG - kein Schutzgesetz iSv. § 823 Abs. 2 BGB zugunsten der Arbeitnehmer der GmbH in ihrem Verhältnis zum Geschäftsführer der Gesellschaft dar.

BAG v. 30.3.2023 - 8 AZR 120/22
Der Sachverhalt:
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagten als Geschäftsführer seiner vormaligen Arbeitgeberin dem Kläger zum Schadensersatz wegen unterbliebener Vergütungszahlung für den Monat Juni 2017 in Höhe des gesetzlichen Mindestlohns persönlich verpflichtet sind.

Der Kläger meint, die Schuldnerin hätte ihm für 176 auf den Monat Juni entfallende Arbeitsstunden eine Vergütung mindestens in Höhe des gesetzlichen Mindestlohns von 8,84 Euro brutto je Stunde zahlen müssen. Hierfür hafteten die Beklagten aus § 823 Abs. 2 BGB persönlich. Nach § 21 Abs. 1 Nr. 9 iVm. § 20 MiLoG sei die fahrlässige oder vorsätzliche Nichtzahlung des gesetzlichen Mindestlohns bußgeldbewehrt. Die Beklagten seien als gesetzliche Vertreter der Schuldnerin nach § 9 OWiG taugliche Täter der Ordnungswidrigkeit, sie hätten den Bußgeldtatbestand auch zumindest fahrlässig verwirklicht. Danach habe er einen "direkten Zahlungsanspruch" gegen die Beklagten.

Das ArbG wies die Klage ab. Auch die Berufung wurde zurückgewiesen. Das BAG hat nun auch die Revision des Klägers zurückgewiesen.

Die Gründe:
Die Beklagten haften als Geschäftsführer der Schuldnerin dem Kläger nicht persönlich für die unterbliebene Zahlung des Mindestlohns.

Nach der gesetzlichen Wertung ist die Haftung von Geschäftsführern einer GmbH grundsätzlich auf das Verhältnis zur Gesellschaft begrenzt (§ 43 Abs. 2 GmbHG). Außenstehenden Dritten haften Geschäftsführer grundsätzlich nicht persönlich. Vielmehr ist die Außenhaftung für Verbindlichkeiten der Gesellschaft nach § 13 Abs. 2 GmbHG auf das Gesellschaftsvermögen beschränkt.

Ein Geschäftsführer einer GmbH haftet nur dann persönlich für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft, wenn ein besonderer Haftungsgrund gegeben ist. Ein besonderer Haftungsgrund liegt indes nicht vor. Die Beklagten sind dem Kläger nicht nach den - hier als Anspruchsgrundlage allein in Betracht kommenden - Bestimmungen in § 823 Abs. 2 BGB iVm. § 21 Abs. 1 Nr. 9, § 20 MiLoG iVm. § 9 Abs. 1 Nr. 1 OWiG zum Schadensersatz verpflichtet.

Der Bußgeldtatbestand des § 21 Abs. 1 Nr. 9 iVm. § 20 MiLoG stellt - ungeachtet der sich aus § 21 Abs. 1 Nr. 9 MiLoG iVm. § 9 Abs. 1 Nr. 1 OWiG im Einzelfall ergebenden bußgeldrechtlichen Verantwortung der Geschäftsführer einer GmbH für Verstöße gegen die Verpflichtung zur Zahlung des Mindestlohns - kein Schutzgesetz zugunsten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Gesellschaft, hier des Klägers, in ihrem Verhältnis zu den Geschäftsführern der Gesellschaft, hier den Beklagten, iSv. § 823 Abs. 2 BGB dar.

Mehr zum Thema:

Aufsatz:
Der gesetzliche Mindestlohn - Immer noch eine Herausforderung für Arbeitgeber?
Christian Moderegger, ArbRB 2023, 121

Aktionsmodul Arbeitsrecht:
Für klare Verhältnisse sorgen: Mit den Inhalten der erstklassigen Standardwerke zum Arbeitsrecht. Bearbeiten Sie zahlreiche bewährte Formulare auch mit LAWLIFT. Selbststudium nach § 15 FAO. HWK und Tschöpe, ArbRB, ZFA und vieles mehr. Fachkundig aufbereitete Darstellungen und Analysen aller wichtigen Entscheidungen mit praxisorientierten Beraterhinweisen und Musterformulierungen. 4 Wochen gratis nutzen!
 
BAG online
Zurück