06.08.2018

Keine Unwirksamkeit der arbeitsvertraglichen Ausschlussfrist wegen § 3 S. 1 MiLoG bei Vereinbarung vor Inkrafttreten des Gesetzes

Soweit eine arbeitsvertragliche Ausschlussklausel Ansprüche auf gesetzlichen Mindestlohn nicht ausdrücklich ausnimmt, verstößt sie an sich gegen § 3 S. 1 MiLoG. Allerdings ist hinsichtlich einer vor dem 1.1.2015 vereinbarten vertraglichen Ausschlussfrist Vertrauensschutz zu gewähren, weil die Unwirksamkeit der Klausel erst aus einer nachträglichen, zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nicht absehbaren Gesetzänderung folgt. Für Ansprüche, die nach dem 1.1.2015 entstanden und fällig wurden, ist eine solche Ausschlussfrist jedenfalls in Höhe des den gesetzlichen Mindestlohn überschreitenden Umfangs als wirksam zu behandeln.

ArbG Hamburg 2.5.2018, 3 Ca 370/17
Der Sachverhalt:

Der Kläger wurde von Februar 2014 bis Mai 2016 als Business Development Manager bei der Beklagten beschäftigt. Der Arbeitsvertrag der beiden Parteien beinhaltet eine Ausschlussklausel, nach der alle gegenseitigen Ansprüche aus den Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Zusammenhang stehen, verfallen, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei geltend gemacht werden. Die Ausschlussfristen gelten nicht für Ansprüche aus unerlaubter Handlung.

Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses machte der Kläger Spesen außergerichtlich mit Schreiben vom 29.9.2016 sowie 21.3.2017 geltend. Eine gerichtliche Geltendmachung erfolgte mit der Klage, welche am 11.9.2017 beim Arbeitsgericht einging.

Der Kläger ist der Auffassung, dass ihm die Spesenansprüche noch zustünden. Die Ausschlussklausel sei unwirksam. Er beantragte daher, den Kläger zu einer Zahlung i.H.v. rd. 8.400 € zu verurteilen. Die Klage hatte vor dem Arbeitsgericht keinen Erfolg.

Die Gründe:

Sämtliche Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis sind aufgrund der arbeitsvertraglichen Ausschlussklausel verfallen.

Ausweislich des Arbeitsvertrags waren die Spesen drei Monate nach Fälligkeit  gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich geltend zu machen. Diese dreimonatige Frist hat der Kläger nicht eingehalten. Denn seine Spesenansprüche waren mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31.5.2016 fällig. Eine außergerichtliche Geltendmachung hätte daher bis zum 31.8.2016 erfolgen müssen. Sie erfolgte jedoch erst am 29.9.2016.

Letztlich verstößt die Klausel auch nicht gegen § 307 Abs. 1 S. 1 BGB. Sie benachteiligt den Kläger nicht unangemessen entgegen Trau und Glauben. Die Regelung ist dabei insbesondere nicht unwirksam, das sie an sich wegen der Einbeziehung des Anspruchs auf den gesetzlichen Mindestlohn gegen § 3 S. 1 MiLoG verstößt. Danach sind Vereinbarungen, die die Geltendmachung des Anspruchs auf Mindestlohn beschränken, insoweit unwirksam. Hinsichtlich der Wirksamkeit der Vereinbarung von Arbeitsvertraglichen Ausschlussfristen ist aber zu differenzieren zwischen der Zeit vor und nach Inkrafttreten des MiLoG zum 1.1.2015. Vor Inkrafttreten des MiLoG in Arbeitsverträgen vereinbarte Ausschlussfristen sind nach einhelliger Rechtsprechung wirksam, soweit sie keine vorsätzlichen unerlaubten Handlungen ausschließen. Dies ist vorliegend der Fall. Demgegenüber verstoßen Ausschlussfristen in Arbeitsverträgen, die nach diesem Zeitpunkt geschlossen wurden, gegen § 307 Abs. 1 S. 2 BGB, wenn sie nicht den Anspruch auf den Mindestlohn ausdrücklich ausnehmen.

Unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes ist eine vor dem 1.1.2015 vereinbarte Ausschlussfrist auch für Ansprüche, die nach dem 1.1.2015 entstanden und fällig wurden, jedenfalls in Höhe des gesetzlichen Mindestlohn überschreitenden Umfangs wirksam. Aufgrund der zum 1.1.2015 in Kraft getretenen Regelungen des MiLoG haben sich in Nachhinein nicht absehbare Umstände ergeben, aufgrund derer die zunächst wirksame Regelung später unwirksam wurde. Vor diesem Hintergrund ist jedenfalls für Arbeitsverträge vor dem 1.1.2015 den Arbeitgebern ein entsprechender Vertrauensschutz auf die Wirksamkeit jedenfalls im Hinblick auf Ansprüche jenseits des Mindestlohns zu gewähren.

Linkhinweis:

Für den auf den Webseiten der Justiz Hamburg veröffentlichten Volltext der Entscheidung klicken Sie bitte hier.

Justiz Hamburg online
Zurück