Keine Vertragsverlängerung für Profifußballer nach Abbruch der Spielzeit 2019/2020
BAG v. 24.5.2023 - 7 AZR 169/22
Der Sachverhalt:
Der bei Vertragsabschluss im August 2019 über 30 Jahre alte Kläger war Profifußballer bei der Beklagten in der Regionalliga Südwest. Sein Vertrag war bis zum 30.6.2020 befristetet. In § 4 des Arbeitsvertrags war u.a. ein monatliches Grundgehalt von 6.500 € (bei Zugehörigkeit der Mannschaft zur Regionalliga) vereinbart. § 10 Abs. 3 des Arbeitsvertrags lautete:
"Vertragsverlängerung
Sollte der Spieler auf mindestens 15 Einsätze in Meisterschaftsspielen bei der 1. Mannschaft kommen, verlängert sich dieser Vertrag um eine weitere Spielzeit. Im Falle eines Abstiegs aus der Regionalliga Südwest ist eine etwaige Verlängerung auch bei Überschreiten von 15 Einsätzen in Meisterschaftsspielen nichtig. Ein Einsatz wird gezählt, wenn der Spieler mindestens 45 Minuten gespielt hatte.
Im Falle einer Verlängerung aufgrund des Einsatzes in mehr als 15 Meisterschaftsspielen gelten folgende Anpassungen des § 4:
Spielklasse Regionalliga Südwest: Das monatliche Grundgehalt beträgt 7.500 €."
Der Kläger spielte vom 7.9.2019 bis 15.2.2020 in zwölf Meisterschaftsspielen für 45 Minuten oder länger, bevor ein neues Trainerteam entschied, ihn aus sportlichen Erwägungen nicht mehr einzusetzen. Ab dem 14.3.2020 fand aufgrund der COVID-19-Pandemie kein Spielbetrieb mehr statt. Am 6.5.2020 teilte der Geschäftsführer dem Kläger mit, dass man in der kommenden Saison nicht mehr mit ihm plane. Am 26.5.2020 wurde die ursprünglich mit 34 Spieltagen geplante Spielzeit 2019/2020 vorzeitig für beendet erklärt.
Der Kläger hat den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf des 30.6.2021 geltend gemacht. Er war der Ansicht, die Klausel von § 10 Abs. 3 des Arbeitsvertrags sei dahingehend - ggf. auch ergänzend - auszulegen oder anzupassen, dass die Parteien die Vertragsverlängerung an eine spieltagbezogene prozentuale Quote von Einsätzen gebunden haben oder jedenfalls hätten, wenn der pandemiebedingte Saisonabbruch vorhersehbar gewesen wäre.
Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Auch die Revision des Klägers vor dem BAG blieb erfolglos.
Die Gründe:
Die Vorinstanzen haben zutreffend erkannt, dass sich der befristete Arbeitsvertrag der Parteien nicht um eine weitere Spielzeit verlängert hatte und die Klage deshalb unbegründet war. Rechtsfehlerfrei waren sie davon ausgegangen, dass die für die erstrebte Vertragsverlängerung nach § 10 Abs. 3 des Arbeitsvertrags festgelegte Bedingung nicht erfüllt war. Auch die pandemiebedingten Besonderheiten rechtfertigten insoweit weder eine ergänzende Vertragsauslegung noch eine Vertragsanpassung.
Zwar hatte das LAG nicht bewertet, ob es sich bei § 10 Abs. 3 des Arbeitsvertrags um eine AGB i.S.v. § 305 Abs. 1 BGB, eine Einmalklausel i.S.d. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB oder um eine individuelle Vertragsabrede und damit eine nichttypische Willenserklärung handelte. Die entsprechende rechtliche Beurteilung durch das LAG hielt der revisionsrechtlichen Überprüfung jedoch stand, ob § 10 Abs. 3 des Arbeitsvertrags als Individualabrede oder als formularmäßige Vertragsklausel zu qualifizieren war.
§ 10 Abs. 3 des Arbeitsvertrags war nicht dahingehend zu verstehen, dass sich die Bedingung für eine Vertragsverlängerung vor dem Hintergrund des pandemiebedingten vorzeitigen Spielzeitabbruchs bereits aufgrund der zwölf Spieleinsätze des Klägers verwirklicht hatte. Die Vertragsverlängerung setzte nach dem ausdrücklichen Wortlaut von § 10 Abs. 3 mind. 15 Einsätze des Spielers voraus, in denen dieser mindestens 45 Minuten gespielt hatte. Anhaltspunkte für ein wortlautabweichendes Verständnis dahingehend, die Parteien hätten die Verlängerung an eine spielzeitdauerabhängige Mindesteinsatzquote geknüpft, waren nicht ersichtlich.
Eine ergänzende Vertragsauslegung (§§ 133, 157 BGB) dahingehend, dass bei einer vorzeitigen Beendigung der Spielzeit eine (im Verhältnis zur tatsächlichen Spielzeitdauer zu bestimmende) prozentuale Quote an Spieleinsätzen für den Eintritt der Bedingung genügte, kam nicht in Betracht. Auch in diesem Zusammenhang war nicht streitentscheidend, ob die Bestimmungen im Arbeitsvertrag der Parteien als AGB oder Individualvereinbarungen zu qualifizieren waren.
Der Kläger berief sich zwar auf eine Regelungslücke aufgrund des pandemiebedingten Abbruchs der Spielzeit 2019/2020. Es konnte aber dahinstehen, ob dieser Umstand die Annahme einer planwidrigen Vertragslücke überhaupt zu begründen vermochte. Denn ohne die vom Kläger geltend gemachte Ergänzung der Vertragsregelung stünde die Nichtverlängerung des Arbeitsvertrags nicht in einem offenbaren Widerspruch zu dem nach dessen Inhalt tatsächlich Vereinbarten. Die Parteien hatten gerade nicht von vornherein eine Vertragslaufzeit über zwei Spielzeiten vereinbart, sondern sich auf eine Bedingung für den Bestand des auf eine Spielzeit befristeten Arbeitsverhältnisses über eine weitere Spielzeit verständigt.
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Der bei Vertragsabschluss im August 2019 über 30 Jahre alte Kläger war Profifußballer bei der Beklagten in der Regionalliga Südwest. Sein Vertrag war bis zum 30.6.2020 befristetet. In § 4 des Arbeitsvertrags war u.a. ein monatliches Grundgehalt von 6.500 € (bei Zugehörigkeit der Mannschaft zur Regionalliga) vereinbart. § 10 Abs. 3 des Arbeitsvertrags lautete:
"Vertragsverlängerung
Sollte der Spieler auf mindestens 15 Einsätze in Meisterschaftsspielen bei der 1. Mannschaft kommen, verlängert sich dieser Vertrag um eine weitere Spielzeit. Im Falle eines Abstiegs aus der Regionalliga Südwest ist eine etwaige Verlängerung auch bei Überschreiten von 15 Einsätzen in Meisterschaftsspielen nichtig. Ein Einsatz wird gezählt, wenn der Spieler mindestens 45 Minuten gespielt hatte.
Im Falle einer Verlängerung aufgrund des Einsatzes in mehr als 15 Meisterschaftsspielen gelten folgende Anpassungen des § 4:
Spielklasse Regionalliga Südwest: Das monatliche Grundgehalt beträgt 7.500 €."
Der Kläger spielte vom 7.9.2019 bis 15.2.2020 in zwölf Meisterschaftsspielen für 45 Minuten oder länger, bevor ein neues Trainerteam entschied, ihn aus sportlichen Erwägungen nicht mehr einzusetzen. Ab dem 14.3.2020 fand aufgrund der COVID-19-Pandemie kein Spielbetrieb mehr statt. Am 6.5.2020 teilte der Geschäftsführer dem Kläger mit, dass man in der kommenden Saison nicht mehr mit ihm plane. Am 26.5.2020 wurde die ursprünglich mit 34 Spieltagen geplante Spielzeit 2019/2020 vorzeitig für beendet erklärt.
Der Kläger hat den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf des 30.6.2021 geltend gemacht. Er war der Ansicht, die Klausel von § 10 Abs. 3 des Arbeitsvertrags sei dahingehend - ggf. auch ergänzend - auszulegen oder anzupassen, dass die Parteien die Vertragsverlängerung an eine spieltagbezogene prozentuale Quote von Einsätzen gebunden haben oder jedenfalls hätten, wenn der pandemiebedingte Saisonabbruch vorhersehbar gewesen wäre.
Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Auch die Revision des Klägers vor dem BAG blieb erfolglos.
Die Gründe:
Die Vorinstanzen haben zutreffend erkannt, dass sich der befristete Arbeitsvertrag der Parteien nicht um eine weitere Spielzeit verlängert hatte und die Klage deshalb unbegründet war. Rechtsfehlerfrei waren sie davon ausgegangen, dass die für die erstrebte Vertragsverlängerung nach § 10 Abs. 3 des Arbeitsvertrags festgelegte Bedingung nicht erfüllt war. Auch die pandemiebedingten Besonderheiten rechtfertigten insoweit weder eine ergänzende Vertragsauslegung noch eine Vertragsanpassung.
Zwar hatte das LAG nicht bewertet, ob es sich bei § 10 Abs. 3 des Arbeitsvertrags um eine AGB i.S.v. § 305 Abs. 1 BGB, eine Einmalklausel i.S.d. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB oder um eine individuelle Vertragsabrede und damit eine nichttypische Willenserklärung handelte. Die entsprechende rechtliche Beurteilung durch das LAG hielt der revisionsrechtlichen Überprüfung jedoch stand, ob § 10 Abs. 3 des Arbeitsvertrags als Individualabrede oder als formularmäßige Vertragsklausel zu qualifizieren war.
§ 10 Abs. 3 des Arbeitsvertrags war nicht dahingehend zu verstehen, dass sich die Bedingung für eine Vertragsverlängerung vor dem Hintergrund des pandemiebedingten vorzeitigen Spielzeitabbruchs bereits aufgrund der zwölf Spieleinsätze des Klägers verwirklicht hatte. Die Vertragsverlängerung setzte nach dem ausdrücklichen Wortlaut von § 10 Abs. 3 mind. 15 Einsätze des Spielers voraus, in denen dieser mindestens 45 Minuten gespielt hatte. Anhaltspunkte für ein wortlautabweichendes Verständnis dahingehend, die Parteien hätten die Verlängerung an eine spielzeitdauerabhängige Mindesteinsatzquote geknüpft, waren nicht ersichtlich.
Eine ergänzende Vertragsauslegung (§§ 133, 157 BGB) dahingehend, dass bei einer vorzeitigen Beendigung der Spielzeit eine (im Verhältnis zur tatsächlichen Spielzeitdauer zu bestimmende) prozentuale Quote an Spieleinsätzen für den Eintritt der Bedingung genügte, kam nicht in Betracht. Auch in diesem Zusammenhang war nicht streitentscheidend, ob die Bestimmungen im Arbeitsvertrag der Parteien als AGB oder Individualvereinbarungen zu qualifizieren waren.
Der Kläger berief sich zwar auf eine Regelungslücke aufgrund des pandemiebedingten Abbruchs der Spielzeit 2019/2020. Es konnte aber dahinstehen, ob dieser Umstand die Annahme einer planwidrigen Vertragslücke überhaupt zu begründen vermochte. Denn ohne die vom Kläger geltend gemachte Ergänzung der Vertragsregelung stünde die Nichtverlängerung des Arbeitsvertrags nicht in einem offenbaren Widerspruch zu dem nach dessen Inhalt tatsächlich Vereinbarten. Die Parteien hatten gerade nicht von vornherein eine Vertragslaufzeit über zwei Spielzeiten vereinbart, sondern sich auf eine Bedingung für den Bestand des auf eine Spielzeit befristeten Arbeitsverhältnisses über eine weitere Spielzeit verständigt.
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