31.03.2023

Kündigung einer ungeimpften Pflegerin schon vor Geltung der Impfpflicht erlaubt

Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses einer nicht gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 geimpften medizinischen Fachangestellten zum Schutz von Patienten und der übrigen Belegschaft vor einer Infektion verstößt nicht gegen das Maßregelungsverbot des § 612a BGB. Es fehlt in solch einem Fall an der dafür erforderlichen Kausalität zwischen der Ausübung von Rechten durch den Arbeitnehmer und der benachteiligenden Maßnahme des Arbeitgebers.

BAG v. 30.3.2023 - 2 AZR 309/22
Der Sachverhalt:
Die Klägerin war seit Februar 2021 als medizinische Fachangestellte bei der beklagten Klinikbetreiberin beschäftigt. Sie wurde seitdem auf verschiedenen Stationen in der Patientenversorgung eingesetzt. Während der Corona-Pandemie war sie nicht bereit, sich einer Impfung gegen SARS-CoV-2 zu unterziehen und nahm entsprechende Impfangebote ihrer Arbeitgeberin nicht wahr.

Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin innerhalb der Wartezeit des § 1 Abs. 1 KSchG mit Schreiben vom 22.7.2021 ordentlich fristgemäß zum 31.8.2021. Hiergegen ist die Klägerin gerichtlich vorgegangen und hat insbesondere geltend gemacht, die Kündigung verstoße gegen das Maßregelungsverbot des § 612a BGB. Vor Wirksamwerden der ab dem 15.3.2022 geltenden Pflicht zur Vorlage eines Impf- oder Genesenennachweises für das Krankenhauspersonal (vgl. § 20a IfSG) sei sie nicht zu einer Impfung verpflichtet gewesen.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, die Wartezeitkündigung sei nach § 134 BGB wegen Verstoßes gegen § 612a BGB unwirksam. Auf die Berufung der Beklagten hat das LAG die Entscheidung abgeändert und die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Revision der Klägerin blieb vor dem BAG erfolglos.

Die Gründe:
Die Kündigung der Beklagten vom 22.7.2021 war wirksam und hat das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Ablauf der tariflichen Kündigungsfrist zum 31.8.2021 beendet.

Die Kündigung hat nicht gegen das Maßregelungsverbot des § 612a BGB verstoßen. Es fehlte nämlich an der dafür erforderlichen Kausalität zwischen der Ausübung von Rechten durch den Arbeitnehmer und der benachteiligenden Maßnahme des Arbeitgebers. Das wesentliche Motiv für die Kündigung war nicht die Weigerung der Klägerin, sich einer Impfung gegen SARS-CoV-2 zu unterziehen, sondern der beabsichtigte Schutz der Krankenhauspatienten und der übrigen Belegschaft vor einer Infektion durch nicht geimpftes medizinisches Fachpersonal.

Dabei war es rechtlich ohne Bedeutung, dass die Kündigung vor Inkrafttreten der gesetzlichen Impfpflicht erklärt worden war. Denn auch unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten bestanden keine Bedenken an der Wirksamkeit der Kündigung.

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Aufsatz
Michael H. Korinth
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