27.11.2018

Lehrerinnen mit Kopftuch - Abgelehnter Bewerberin steht Entschädigung zu

Nach verfassungskonformer Auslegung des Neutralitätsgesetzes (Gesetz zu Art. 29 der Verfassung von Berlin vom 27.1.2005, GVBl. 2005, 92) ist für ein allgemeines Verbot religiöser Symbole wie dem Kopftuch eine konkrete Gefahr für den Schulfrieden oder die staatliche Neutralität erforderlich. Liegt eine solche nicht vor und ist eine Bewerberin dennoch wegen des Kopftuchs abgelehnt worden, steht ihr eine Entschädigung zu.

LAG Berlin-Brandenburg 27.11.2018, 7 Sa 963/18
Der Sachverhalt:

Klägerin hatte geltend gemacht, sie sei von dem beklagten Land nicht als Lehrerin eingestellt worden, weil sie ein muslimisches Kopftuch trage. Sie sah darin eine nicht erlaubte Benachteiligung wegen ihrer Religion. Das beklagte Land berief sich diesbezüglich auf das Berliner Neutralitätsgesetz, wonach religiöse oder weltanschauliche Symbole in öffentlichen Schulen - mit Ausnahme von beruflichen Schulen - von Lehrkräften nicht getragen werden dürfen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Es war der Ansicht, das beklagte Land müsse die Klägerin nicht einstellen. Es beriefe sich vielmehr zu Recht auf das Neutralitätsgesetz. Dieses Gesetz sei schließlich auch verfassungsgemäß.

Auf die Berufung der Klägerin hat das LAG die Entscheidung aufgehoben und der Klägerin eine Entschädigung i.H.v. eineinhalb Monatsvergütungen wegen einer Benachteiligung aufgrund der Religion zugesprochen. Allerdings wurde die Revision zum BAG zugelassen.

Die Gründe:

Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Entschädigung, denn es liegt eine Benachteiligung der Klägerin i.S.d. § 7 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes vor.

Das Land konnte sich zur Ablehnung der Bewerberin in Person der Klägerin nicht mit Erfolg auf das Neutralitätsgesetz (Gesetz zu Art. 29 der Verfassung von Berlin vom 27.1.2005, GVBl. 2005, 92) berufen. Bei der Auslegung dieses Gesetzes war das Gericht an die einschlägige Entscheidung des BVerfG vom 27.1.2015 (Az.: 1 BvR 471/10, 1 BvR1181/10) gebunden. Danach ist für ein gesetzliches allgemeines Verbot religiöser Symbole wie dem Kopftuch eine konkrete Gefahr für den Schulfrieden oder die staatliche Neutralität erforderlich. Eine solche konnte im vorliegenden Fall allerdings nicht festgestellt werden.

Das Neutralitätsgesetz des Landes Berlin ist jedoch grundsätzlich mit der Verfassung vereinbar, weil es verfassungskonform ausgelegt werden kann, wie das LAG bereits durch Urteil vom 9.2.2017 (Az.: 14 Sa 1038/16) entschieden hat.
 

Pressemitteilung Nr. 21/18 des LAG Berlin-Brandenburg
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