Lufthansa CityLine: Diskriminierung von Teilzeitbeschäftigten bei der Vergütung?
EuGH, C 660/20: Schlussanträge des Generalanwalts vom 1.12.2022
Der Sachverhalt:
Im Ausgangsverfahren hat das BAG einen Rechtsstreit zwischen einem in Teilzeit (90 %) beschäftigten Flugzeugführer und seinem Arbeitgeber, der Lufthansa CityLine, über die sog. Mehrflugdienststundenvergütung zu entscheiden. Wegen der Besonderheit seines Berufs wird dem Teilzeitbeschäftigungsverhältnis des Betroffenen mit zusätzlichen freien Tagen im Jahr Rechnung getragen. An seinen Einsatztagen sind seine Flugdienststunden jedoch nicht reduziert, so dass er wie ein vollzeitbeschäftigter Flugzeugführer arbeitet.
Was die Vergütung dieser Flugdienststunden angeht, gibt es drei der Höhe nach ansteigende Stundensätze, die für diejenigen Stunden gelten, die über drei jeweils höhere Grenzen monatlicher Flugdienststunden (im Folgenden: Auslösegrenzen) hinaus geleistet werden. Diese Auslösegrenzen gelten einheitlich für alle bei der Lufthansa CityLine beschäftigten Flugzeugführer, unabhängig davon, ob sie in Vollzeit oder in Teilzeit beschäftigt sind.
Der Betroffene ist der Ansicht, die Anwendung der Auslösegrenzen führe dazu, dass er schlechter behandelt werde als ein vergleichbarer vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer im Sinne des deutschen Gesetzes zur Umsetzung der Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit. Mit seiner Klage vor den deutschen Arbeitsgerichten verlangt er daher von der Lufthansa CityLine die Differenz zwischen der bereits gezahlten Vergütung und der Vergütung, die ihm seiner Meinung nach zustünde, wenn die Auslösegrenzen proportional zu seinem Teilzeitbeschäftigungsverhältnis abgesenkt würden.
Das BAG hat das Verfahren ausgesetzt und den EuGH vor diesem Hintergrund um Auslegung von Paragraf 4 der Rahmenvereinbarung ersucht, der den Grundsatz der Nichtdiskriminierung betrifft und vorsieht:
"1. Teilzeitbeschäftigte dürfen in ihren Beschäftigungsbedingungen nur deswegen, weil sie teilzeitbeschäftigt sind, gegenüber vergleichbaren Vollzeitbeschäftigten nicht schlechter behandelt werden, es sei denn, die unterschiedliche Behandlung ist aus sachlichen Gründen gerechtfertigt.
2. Es gilt, wo dies angemessen ist, der Pro-rata-temporis-Grundsatz."
Die Gründe:
Paragraf 4 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit im Anhang der Richtlinie 97/81/EG des Rates vom 15.12.1997 zu der von UNICE, CEEP und EGB geschlossenen Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit ist dahin auszulegen, dass er einer tarifvertraglichen Bestimmung, nach der eine zusätzliche Vergütung für teilzeitbeschäftigte und vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer einheitlich daran gebunden ist, dass die gleiche Anzahl von Arbeitsstunden überschritten wird, nicht entgegensteht, wenn die gleiche von den teilzeitbeschäftigten und vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmern geleistete Stundenzahl für die gleiche Arbeit gleich vergütet wird.
Es besteht kein Anlass, für Teilzeitbeschäftigte die Auslösegrenzen proportional abzusenken, was letztlich nicht zu einer Gleich-, sondern zu einer Besserbehandlung von Teilzeitbeschäftigten führen würde. Die in Rede stehenden tarifvertraglichen Bestimmungen führen nicht dazu, dass Teilzeitbeschäftigte für irgendeine der von ihnen geleisteten Flugdienststunden eine geringere Vergütung erhalten als Vollzeitbeschäftigte. Aus der Verfahrensakte geht vielmehr hervor, dass der Betroffene für die gleiche Anzahl Flugdienststunden die gleiche Vergütung erhält wie ein vollzeitbeschäftigter Flugzeugführer. Daher wird er nicht schlechter behandelt als ein vollzeitbeschäftigter Flugzeugführer.
Mehr zum Thema:
Rechtsprechung:
EuGH-Vorlage: Diskriminierung von Teilzeitbeschäftigten bei der Gewährung von Zuschlägen für Überstunden?
BAG vom 28.10.2021 - 8 AZR 370/20 (A)
Jürgen Markowski, ArbRB 2022, 99
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EuGH online
Im Ausgangsverfahren hat das BAG einen Rechtsstreit zwischen einem in Teilzeit (90 %) beschäftigten Flugzeugführer und seinem Arbeitgeber, der Lufthansa CityLine, über die sog. Mehrflugdienststundenvergütung zu entscheiden. Wegen der Besonderheit seines Berufs wird dem Teilzeitbeschäftigungsverhältnis des Betroffenen mit zusätzlichen freien Tagen im Jahr Rechnung getragen. An seinen Einsatztagen sind seine Flugdienststunden jedoch nicht reduziert, so dass er wie ein vollzeitbeschäftigter Flugzeugführer arbeitet.
Was die Vergütung dieser Flugdienststunden angeht, gibt es drei der Höhe nach ansteigende Stundensätze, die für diejenigen Stunden gelten, die über drei jeweils höhere Grenzen monatlicher Flugdienststunden (im Folgenden: Auslösegrenzen) hinaus geleistet werden. Diese Auslösegrenzen gelten einheitlich für alle bei der Lufthansa CityLine beschäftigten Flugzeugführer, unabhängig davon, ob sie in Vollzeit oder in Teilzeit beschäftigt sind.
Der Betroffene ist der Ansicht, die Anwendung der Auslösegrenzen führe dazu, dass er schlechter behandelt werde als ein vergleichbarer vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer im Sinne des deutschen Gesetzes zur Umsetzung der Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit. Mit seiner Klage vor den deutschen Arbeitsgerichten verlangt er daher von der Lufthansa CityLine die Differenz zwischen der bereits gezahlten Vergütung und der Vergütung, die ihm seiner Meinung nach zustünde, wenn die Auslösegrenzen proportional zu seinem Teilzeitbeschäftigungsverhältnis abgesenkt würden.
Das BAG hat das Verfahren ausgesetzt und den EuGH vor diesem Hintergrund um Auslegung von Paragraf 4 der Rahmenvereinbarung ersucht, der den Grundsatz der Nichtdiskriminierung betrifft und vorsieht:
"1. Teilzeitbeschäftigte dürfen in ihren Beschäftigungsbedingungen nur deswegen, weil sie teilzeitbeschäftigt sind, gegenüber vergleichbaren Vollzeitbeschäftigten nicht schlechter behandelt werden, es sei denn, die unterschiedliche Behandlung ist aus sachlichen Gründen gerechtfertigt.
2. Es gilt, wo dies angemessen ist, der Pro-rata-temporis-Grundsatz."
Die Gründe:
Paragraf 4 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit im Anhang der Richtlinie 97/81/EG des Rates vom 15.12.1997 zu der von UNICE, CEEP und EGB geschlossenen Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit ist dahin auszulegen, dass er einer tarifvertraglichen Bestimmung, nach der eine zusätzliche Vergütung für teilzeitbeschäftigte und vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer einheitlich daran gebunden ist, dass die gleiche Anzahl von Arbeitsstunden überschritten wird, nicht entgegensteht, wenn die gleiche von den teilzeitbeschäftigten und vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmern geleistete Stundenzahl für die gleiche Arbeit gleich vergütet wird.
Es besteht kein Anlass, für Teilzeitbeschäftigte die Auslösegrenzen proportional abzusenken, was letztlich nicht zu einer Gleich-, sondern zu einer Besserbehandlung von Teilzeitbeschäftigten führen würde. Die in Rede stehenden tarifvertraglichen Bestimmungen führen nicht dazu, dass Teilzeitbeschäftigte für irgendeine der von ihnen geleisteten Flugdienststunden eine geringere Vergütung erhalten als Vollzeitbeschäftigte. Aus der Verfahrensakte geht vielmehr hervor, dass der Betroffene für die gleiche Anzahl Flugdienststunden die gleiche Vergütung erhält wie ein vollzeitbeschäftigter Flugzeugführer. Daher wird er nicht schlechter behandelt als ein vollzeitbeschäftigter Flugzeugführer.
Rechtsprechung:
EuGH-Vorlage: Diskriminierung von Teilzeitbeschäftigten bei der Gewährung von Zuschlägen für Überstunden?
BAG vom 28.10.2021 - 8 AZR 370/20 (A)
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