20.11.2018

Mobilisierung zum Streik kann mangels anderer Möglichkeiten auch auf Firmenparkplatz vor Betriebsgebäude zulässig sein

Das Streikrecht beinhaltet die Befugnis einer streikführenden Gewerkschaft, die zur Arbeitsniederlegung aufgerufenen Arbeitnehmer unmittelbar vor dem Betreten des Betriebs anzusprechen, um sie zur Teilnahme am Streik zu bewegen. Eine solche Aktion kann - abhängig von den konkreten örtlichen Gegebenheiten - mangels anderer Mobilisierungsmöglichkeiten auch auf einem Firmenparkplatz vor dem Betriebsgebäude des bestreikten Arbeitgebers zulässig sein.

BAG 20.11.2018, 1 AZR 189/17
Der Sachverhalt:

Die Arbeitgeberin betreibt in einem außerörtlich gelegenen Gewerbegebiet ein Versand- und Logistikzentrum. Zu dem von ihr gepachteten Gelände gehören ein Betriebsgebäude, das über einen zentralen Eingang zugänglich ist, und ein ca. 28.000 m² großer Parkplatz, welcher zur Nutzung für die überwiegend mit dem Auto zur Arbeit kommenden Mitarbeiter bestimmt ist.

Im September 2015 wurde die Arbeitgeberin an zwei Tagen bestreikt. Die streikführende Gewerkschaft baute an beiden Tagen auf dem Parkplatz vor dem Haupteingang Stehtische auf und setzte dort ihre Vertreter sowie streikende Arbeitnehmer ein. Sie verteilten Flyer und forderten die zur Arbeit erscheinenden Arbeitnehmer zur Teilnahme am Streik auf. Zu Zugangsbehinderungen kam es nicht. Bei einem anderen eintägigen Streik im März 2016 wiederholte sich dieses Verhalten.

Mit ihrer Klage begehrte die Arbeitgeberin die künftige Unterlassung solcher Streikmobilisierung. Das Arbeitsgericht gab der Klage statt. Das LAG wies sie hingegen ab. Die dagegen gerichtete Revision hatte vor dem BAG keinen Erfolg.

Die Gründe:

Im Streitfall ergibt die Abwägung widerstreitender grundrechtlicher Rechte der Arbeitgeberin und der streikenden Gewerkschaft, dass die Arbeitgeberin eine kurzzeitige, situative Beeinträchtigung ihres Besitzes hinzunehmen hat. Auf Grund der örtlichen Verhältnisse kann die Gewerkschaft nur auf dem Firmenparkplatz vor dem Haupteingang mit den zum Streik aufgerufenen Arbeitnehmern kommunizieren und im Gespräch versuchen, auf Arbeitswillige einzuwirken. Andere Mobilisierungsmöglichkeiten sind nicht gegeben.

Hinweis:

Das BAG hat in einem weiteren Verfahren mit ähnlichem Sachverhalt ebenfalls das Unterlassungsbegehren für unbegründet erachtet (BAG 20.11.2018, 1 AZR 12/17).

BAG PM Nr. 62/2018 vom 20.11.2018
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