Personalgestellung: Betriebsrat des Einsatzbetriebs muss vor Kündigung nicht angehört werden
BAG 9.6.2011, 6 AZR 132/10Die beklagte Stadt hatte den Kläger befristet für die Zeit vom 1.4.2008 bis zum 31.12.2011 eingestellt. Mit seinem Einverständnis wurde der Kläger einer gem. § 44b SGB II gegründeten Arbeitsgemeinschaft in der Rechtsform einer GmbH zugewiesen. Diese verfügte mit Ausnahme des Geschäftsführers über kein eigenes Personal. Der Geschäftsführer konnte den zugewiesenen Arbeitnehmern zwar fachliche Weisungen erteilen, hatte jedoch keine weitergehenden Kompetenzen im personellen und sozialen Bereich.
Am 13.8.2008 wurde in der GmbH ein Betriebsrat gewählt. Am 22.9.2008 kündigte die Beklagte dem Kläger innerhalb der vereinbarten Probezeit. Zuvor hatte sie zwar die bei ihr gebildete Personalvertretung beteiligt, nicht aber den in der GmbH neu gewählten Betriebsrat. Das Hessische LAG erklärte danach mit Beschluss vom 3.9.2009 die Betriebsratswahl für ungültig, ohne allerdings deren Nichtigkeit von Anfang an festzustellen.
Mit seiner Klage machte der Kläger die Unwirksamkeit der Kündigung geltend. Zur Begründung machte er geltend, dass die Beklagte vor Ausspruch der Kündigung den in der GmbH gewählten Betriebsrat hätte beteiligen müssen. Arbeitsgericht und LAG gaben der Klage statt. Auf die Revision der Beklagten hob das BAG diese Entscheidungen auf und wies die Klage ab.
Die Gründe:
Die Beklagte hat das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger wirksam gekündigt. Dem steht nicht entgegen, dass sie vor der Kündigung den in der GmbH gebildeten Betriebsrat nicht angehört hat.
Zwar ist der Betriebsrat gem. § 102 Abs. 1 Satz 1 BetrVG grds. vor jeder Kündigung zu hören. Die Nichtbeachtung des Mitwirkungsrechts des Betriebsrats führt nach § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG zur Unwirksamkeit der Kündigung. Die Anhörung des Betriebsrats ist zudem auch dann Wirksamkeitsvoraussetzung für die Kündigung, wenn die Wahl des Betriebsrats beim Arbeitsgericht angefochten wurde und nach dem Zugang der Kündigung rechtskräftig für ungültig - nicht aber für von Anfang an nichtig - erklärt wird.
Im Fall der Arbeitnehmerüberlassung nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz oder in gleichartigen Fällen der Personalgestellung ist aber grds. nur der Betriebs- oder Personalrat des Vertragsarbeitgebers zu beteiligen. Eine solche Konstellation lag hier vor. Maßgebend ist insoweit, dass die Voraussetzungen für einen gemeinsamen Betrieb der Beklagten und der örtlichen Agentur für Arbeit nicht erfüllt waren und nicht die GmbH, sondern die Beklagte Arbeitgeberin des Klägers war. Nur sie war befugt, ihre arbeitsrechtlichen Beziehungen mit dem Kläger durch Kündigung zu beenden.
Den nicht bei ihr gebildeten Betriebsrat musste die Beklagte daher vor der Kündigung nicht gem. § 102 Abs. 1 BetrVG anhören. Die bei ihr errichtete Personalvertretung hat sie dagegen vor der Kündigung ordnungsgemäß beteiligt.
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