Pfändungsfreibetrag: Überlassung eines Dienstwagens zur privaten Nutzung
BAG v. 31.5.2023 - 5 AZR 273/22
Der Sachverhalt:
Der verheiratete und zwei Kindern zum Unterhalt verpflichtete Kläger ist bei der Beklagten in der Marketing-Abteilung beschäftigt. Im Laufe des Arbeitsverhältnisses hat die Beklagte ihm anstelle einer Entgelterhöhung einen Dienstwagen auch zur privaten Nutzung überlassen. Die Entgeltabrechnungen des Klägers weisen neben dem Bruttomonatsgehalt (zuletzt 4.285 €) geldwerte Vorteile für die Pkw-Nutzung (445 €) und die Entfernungskilometer (747,60 €) zwischen Wohnung und Arbeitsstätte (56 km) aus. Aus der Summe dieser drei Beträge errechnete die Beklagte nach Abzug von Steuern und Sozialversicherung das Nettoentgelt und nach weiterem Abzug der beiden geldwerten Vorteile den Auszahlungsbetrag.
Mit seiner Klage verlangt der Kläger - soweit für das Revisionsverfahren noch von Relevanz - Vergütungsdifferenzen im Nettoentgelt i.H.v. rd. 30.000 € für die Zeit von Januar 2017 bis April 2020. Er macht geltend, bei Zahlung der Vergütung, die neben Geld auch den Sachbezug der Privatnutzungsmöglichkeit des Pkw umfasse, seien die Pfändungsgrenzen, die sich aus drei Unterhaltspflichten ergäben, nicht beachtet worden.
Das ArbG wies die Klage insoweit ab. Das LAG gab der Klage statt und verurteilte die Beklagte zur Zahlung der geforderten Nettovergütungsdifferenzen. Auf die Revision der Beklagten hob das BAG das Berufungsurteil auf und verwies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das LAG zurück.
Die Gründe:
Das LAG hat bei der Berechnung des pfändbaren Einkommens i.S.v. § 107 Abs. 2 Satz 5 GewO zu Unrecht den nach § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG zu bemessenden Wert für die Nutzung des überlassenen Fahrzeugs für den Weg von der Wohnung zur Arbeitsstätte einbezogen.
Zur Berechnung des pfändbaren Einkommens sind nach § 850e Nr. 3 Satz 1 ZPO Geld- und Naturalleistungen zusammenzurechnen. Zu Letzteren gehört die Überlassung eines dienstlichen Pkw zur privaten Nutzung. Der Wert beträgt 1 % des Listenpreises. Keine Naturalleistung i.S.d. vollstreckungsrechtlichen Bestimmung stellt der nach § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG anzusetzende geldwerte Vorteil für die Nutzung des Fahrzeugs auf dem Weg von der Wohnung zum Betrieb i.H.v. mtl. 0,03 % des Listenpreises für jeden Entfernungskilometer dar. Hierbei handelt es sich nicht um einen Sachbezug i.S.v. § 107 Abs. 2 Satz 5 GewO, sondern um einen steuerrechtlich relevanten Korrekturposten für den pauschalen Werbungskostenabzug. Er ist daher bei der Berechnung des pfändbaren Einkommens nach § 850e Nr. 3 Satz 1 ZPO nicht einzubeziehen.
Von dem - somit niedriger als vom LAG angenommen - anzusetzenden Betrag sind gem. § 850e Nr. 1 ZPO Steuern und Sozialversicherungsbeiträge in Abzug zu bringen. Aus dem so ermittelten pfändbaren Einkommen sind sodann nach Maßgabe von § 850c ZPO und der einschlägigen Pfändungsfreigrenzenbekanntmachungen die Pfändungsgrenzen zu ermitteln. Dabei ist Abs. 6 dieser Regelung, wonach nach billigem Ermessen Einkünfte der unterhaltsberechtigten Person (hier des Ehegatten) ganz oder teilweise berücksichtigt werden können, entsprechend anzuwenden. Nachdem das LAG hierzu keine Feststellungen getroffen hat und auch die für die Berechnung der Steuern und Sozialversicherungsbeiträge erforderlichen Tatsachen nicht festgestellt worden sind, war die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das LAG zurückzuverweisen.
Mehr zum Thema:
Kommentierung | BGB
§ 611a Arbeitsvertrag
b) Dienstwagen.
Thüsing in Henssler/Willemsen/Kalb, Arbeitsrecht Kommentar, 10. Aufl. 2022
Kommentierung | GEWO
§ 107 Berechnung und Zahlung des Arbeitsentgelts
Lembke in Henssler/Willemsen/Kalb, Arbeitsrecht Kommentar, 10. Aufl. 2022
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BAG PM Nr. 26 vom 31.5.2023
Der verheiratete und zwei Kindern zum Unterhalt verpflichtete Kläger ist bei der Beklagten in der Marketing-Abteilung beschäftigt. Im Laufe des Arbeitsverhältnisses hat die Beklagte ihm anstelle einer Entgelterhöhung einen Dienstwagen auch zur privaten Nutzung überlassen. Die Entgeltabrechnungen des Klägers weisen neben dem Bruttomonatsgehalt (zuletzt 4.285 €) geldwerte Vorteile für die Pkw-Nutzung (445 €) und die Entfernungskilometer (747,60 €) zwischen Wohnung und Arbeitsstätte (56 km) aus. Aus der Summe dieser drei Beträge errechnete die Beklagte nach Abzug von Steuern und Sozialversicherung das Nettoentgelt und nach weiterem Abzug der beiden geldwerten Vorteile den Auszahlungsbetrag.
Mit seiner Klage verlangt der Kläger - soweit für das Revisionsverfahren noch von Relevanz - Vergütungsdifferenzen im Nettoentgelt i.H.v. rd. 30.000 € für die Zeit von Januar 2017 bis April 2020. Er macht geltend, bei Zahlung der Vergütung, die neben Geld auch den Sachbezug der Privatnutzungsmöglichkeit des Pkw umfasse, seien die Pfändungsgrenzen, die sich aus drei Unterhaltspflichten ergäben, nicht beachtet worden.
Das ArbG wies die Klage insoweit ab. Das LAG gab der Klage statt und verurteilte die Beklagte zur Zahlung der geforderten Nettovergütungsdifferenzen. Auf die Revision der Beklagten hob das BAG das Berufungsurteil auf und verwies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das LAG zurück.
Die Gründe:
Das LAG hat bei der Berechnung des pfändbaren Einkommens i.S.v. § 107 Abs. 2 Satz 5 GewO zu Unrecht den nach § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG zu bemessenden Wert für die Nutzung des überlassenen Fahrzeugs für den Weg von der Wohnung zur Arbeitsstätte einbezogen.
Zur Berechnung des pfändbaren Einkommens sind nach § 850e Nr. 3 Satz 1 ZPO Geld- und Naturalleistungen zusammenzurechnen. Zu Letzteren gehört die Überlassung eines dienstlichen Pkw zur privaten Nutzung. Der Wert beträgt 1 % des Listenpreises. Keine Naturalleistung i.S.d. vollstreckungsrechtlichen Bestimmung stellt der nach § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG anzusetzende geldwerte Vorteil für die Nutzung des Fahrzeugs auf dem Weg von der Wohnung zum Betrieb i.H.v. mtl. 0,03 % des Listenpreises für jeden Entfernungskilometer dar. Hierbei handelt es sich nicht um einen Sachbezug i.S.v. § 107 Abs. 2 Satz 5 GewO, sondern um einen steuerrechtlich relevanten Korrekturposten für den pauschalen Werbungskostenabzug. Er ist daher bei der Berechnung des pfändbaren Einkommens nach § 850e Nr. 3 Satz 1 ZPO nicht einzubeziehen.
Von dem - somit niedriger als vom LAG angenommen - anzusetzenden Betrag sind gem. § 850e Nr. 1 ZPO Steuern und Sozialversicherungsbeiträge in Abzug zu bringen. Aus dem so ermittelten pfändbaren Einkommen sind sodann nach Maßgabe von § 850c ZPO und der einschlägigen Pfändungsfreigrenzenbekanntmachungen die Pfändungsgrenzen zu ermitteln. Dabei ist Abs. 6 dieser Regelung, wonach nach billigem Ermessen Einkünfte der unterhaltsberechtigten Person (hier des Ehegatten) ganz oder teilweise berücksichtigt werden können, entsprechend anzuwenden. Nachdem das LAG hierzu keine Feststellungen getroffen hat und auch die für die Berechnung der Steuern und Sozialversicherungsbeiträge erforderlichen Tatsachen nicht festgestellt worden sind, war die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das LAG zurückzuverweisen.
Kommentierung | BGB
§ 611a Arbeitsvertrag
b) Dienstwagen.
Thüsing in Henssler/Willemsen/Kalb, Arbeitsrecht Kommentar, 10. Aufl. 2022
Kommentierung | GEWO
§ 107 Berechnung und Zahlung des Arbeitsentgelts
Lembke in Henssler/Willemsen/Kalb, Arbeitsrecht Kommentar, 10. Aufl. 2022
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