Pfändungsschutz für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeitszulagen - Nicht aber für Zulagen für Schicht- und Samstagsarbeit
BAG 23.8.2017, 10 AZR 859/16Die Beklagte betreibt Sozialstationen. Die Klägerin ist für sie als Hauspflegerin tätig. Nach einem zwischenzeitlich aufgehobenen Insolvenzverfahren befand sich die Klägerin in der sog. Wohlverhaltensphase, in der sie ihren pfändbaren Lohn an einen Treuhänder abgetreten hatte. Von Mai 2015 bis März 2016 führte die Beklagte den nach ihrer Ansicht pfändbaren Teil von der jeweiligen Nettovergütung der Klägerin an den Treuhänder ab. Sie berücksichtigte dabei, die an die Klägerin gezahlten Zuschläge für Sonntags-, Feiertags-, Nacht-, Wechselschicht-, Samstags- und Vorfestarbeit als pfändbar.
Nach Auffassung der Klägerin sind diese Zuschläge unpfändbare Erschwerniszulagen i.S.d. § 850a Nr. 3 ZPO. Daher begehrte sie von der Beklagten die Zahlung von 1.144,91 Euro, die diese zu Unrecht an den Treuhänder abgeführt habe.
Die Klage hatte sowohl vor dem Arbeitsgericht als auch vor dem LAG Erfolg. Das BAG hob das Urteil des LAG jedoch auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LAG zurück.
Die Gründe:
Zulagen für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit sind Erschwerniszulagen i.S.v. § 850a Nr. 3 ZPO und damit im Rahmen des Üblichen unpfändbar. In § 6 Abs. 5 ArbZG ist die Ausgleichspflichtigkeit von Nachtarbeit geregelt. Der Gesetzgeber bewertet die Nachtarbeit als besonders erschwerend. Ebenso stehen Sonntage und gesetzliche Feiertage kraft Verfassungsrecht unter besonderem Schutz. Es gilt sogar ein besonderes Beschäftigungsverbot gem. § 9 Abs. 1 ArbZG an diesen Tagen. Auch damit macht der Gesetzgeber deutlich, dass er es als erschwerend bewertet, wenn an diesen Tagen gearbeitet wird.
Für die Frage, in welchem Umfang und in welcher Höhe Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit "üblich" und damit unpfändbar gem. § 850a Nr. 3 ZPO sind, kann an die Regelung des § 3b EStG angeknüpft werden.
Eine solche Wertung gibt es für Schicht-, Samstags- und Vorfestarbeit jedoch nicht. Zulagen für diese Arbeiten sind daher pfändbar. Dabei ist zu berücksichtigen, dass § 850a Nr. 3 ZPO zwar den Schuldner schützt, aufgrund der ebenfalls gebotenen Berücksichtigung der Gläubigerinteressen aber eine sachliche Begrenzung der Unpfändbarkeit von Erschwerniszulagen notwendig ist.
Die Sache ist noch nicht entscheidungsreif, da zur genauen Höhe der zu Unrecht an den Treuhänder abgeführten Vergütung eine weitere Sachaufklärung erforderlich ist.
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