Primärzuständigkeit der Einigungsstelle nach § 109 BetrVG für das Informationsverlangen des Wirtschaftsausschusses
LAG Köln 10.3.2017, 9 TaBV 17/16Die Arbeitgeberin und Antragsgegnerin ist im D-Verbund für die internationalen Express-Produkte zuständig. Der Antragsteller ist der bei der Arbeitgeberin zuständige Gesamtbetriebsrat. Die Antragsgegnerin übermittelt dem Wirtschaftsausschuss vor den Sitzungen den sog. WA-report in Form einer passwortgeschützten Excel-Datei sowie als Hardcopys die Reports Joiner Leaver (Eintritte und Austritte im Unternehmen), Quick Sales (Umsatzzahlen), Gema ( Kundenforderungen wegen beschädigter Sendungen, Verlust oder Falschzustellungen von Sendungen) und Beschwerden (Anzahl der Kundenbeschwerden) Kostenstellenberichte werden dem Wirtschaftsausschuss vor der jeweiligen Sitzung im Excel-Format auf drei nach der Sitzung zurückzugebenden Laptops zur Verfügung gestellt. Ein Kopieren der Dateien ist dabei nicht möglich.
Der Antragsteller begehrte mit seinem Antrag die Überlassung aller Reports an die Mitglieder des Wirtschaftsausschusses als bearbeitungsfähige Daten auf elektronischem Wege als elektronische Datei im Excel-Format, damit diese durch die Verarbeitung der Daten die Entwicklungen und Risiken für Standorte und Produkte rechtzeitig ermitteln könnten und die Sichtung der Daten praktikabler sei.
Sowohl der Antrag vor dem Arbeitsgericht als auch die dagegen gerichtete Beschwerde vor dem LAG hatten keinen Erfolg.
Die Gründe:
Das Arbeitsgericht hat zu Recht den Antrag des Antragstellers zurückgewiesen. Der Antrag ist schon nicht begründet, weil nach Auffassung des Beschwerdegerichts eine materielle Primärzuständigkeit der Einigungsstelle nach § 109 BetrVG für das mit dem Antrag begehrte Informationsverlangen besteht.
Gem. § 109 S. 1 BetrVG entscheidet die Einigungsstelle, wenn eine Auskunft über wirtschaftliche Angelegenheiten des Unternehmens i.S.d. § 106 BetrVG entgegen dem Verlangen des Wirtschaftsausschusses nicht, nicht rechtzeitig oder nur ungenügend erteilt wird und keine Einigung darüber zwischen Unternehmer und Betriebsrat erzielt werden kann. Das Einigungsstellenverfahren dient dazu, Informationsansprüche des Wirtschaftsausschusses gegen das Unternehmen gem. § 106 BetrVG durchzusetzen. Der Wirtschaftsausschuss braucht sich nicht auf die extra für die Auskunftserteilung für ihn erstellten Unterlagen zu beschränken. Er kann auch die Vorlage der allgemein im Unternehmen für die Angelegenheit verwandten Unterlagen verlangen. Dazu können auch elektronische Dateien gehören.
Ob die von der Antragsgegnerin dem Wirtschaftsausschuss zur Verfügung gestellten Unterlagen, den Erfordernissen des § 106 Abs. 2 BetrVG genügen, lässt sich allerdings durch die Arbeitsgericht nicht so schnell und effektiv feststellen wie durch die innerbetriebliche Einigungsstelle, die die Nähe zum Unternehmen aufweist. Die Annahme der Primärzuständigkeit der Einigungsstelle entspricht damit Sinn und Zweck des § 109 BetrVG.
Sähe man die Primärzuständigkeit der Einigungsstelle nicht als gegeben an, wäre der Antrag trotzdem unbegründet. Die Antragsgegnerin ist im streitgegenständlichen Fall nicht verpflichtet, die Informationen in elektronischer Form bereitzustellen. Der Wirtschaftsausschuss erhält alle nach § 106 Abs. 2 BetrVG geschuldeten Informationen. Das sie sich in einem überschaubarem Rahmen halten, reicht es aus, wenn die Daten in Papierform übermittelt werden. Ebenso ist es ausreichend, wenn die Informationen erst in den Sitzungen zur Verfügung stehen und nicht bereits vorab, da § 108 Abs. 3 BetrVG ein bloßes Einsichtsrecht gewährt.
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