Professoren schlagen Sonderregelungen für Streiks in Bereichen der Daseinsfürsorge vor
- Anwendungsbereich des Gesetzes: Das Gesetz soll nur für folgende Branchen gelten: medizinische und pflegerische Versorgung, Versorgung mit Energie und Wasser, Feuerwehr, Bestattung, Entsorgung, Landesverteidigung und innere Sicherheit, Verkehr, Erziehungswesen und Kinderbetreuung, Kommunikationsinfrastruktur sowie Versorgung mit Bargeld und Zahlungsverkehr.
- Ankündigungspflicht: Streiks sollen vier Tage vor ihrem geplanten Beginn gegenüber der anderen Arbeitskampfpartei ankündigt werden müssen. Auch die Öffentlichkeit soll in geeigneter Weise über den Arbeitskampf informieren werden.
- Aufrechterhaltung einer Grundversorgung: Die zur Befriedigung der elementaren persönlichen, sozialen und öffentlichen Bedürfnisse erforderliche Grundversorgung soll aufrechterhalten werden müssen. Dies ist zwar auch jetzt schon üblich. Aus Sicht der drei Professoren fehlt hierfür aber bislang ein geordnetes Verfahren.
- Urabstimmung: Eine gewerkschaftliche Arbeitskampfmaßnahme soll nur zulässig sein, wenn mehr als 50 % der teilnahmeberechtigten Mitglieder der Gewerkschaft an einer Urabstimmung teilgenommen und mehr als 50 % der abstimmenden Mitglieder der Gewerkschaft der Arbeitskampfmaßnahme zugestimmt haben.
- Kein Arbeitskampf während eines Schlichtungsversuches: Eine Arbeitskampfmaßnahme soll während eines Schlichtungsverfahrens unzulässig sein. Es soll allerdings auch keine Zwangsschlichtung geben.
- Besondere Hürde für Spartengewerkschaften: Eine gewerkschaftliche Arbeitskampfmaßnahme soll unzulässig sein, wenn sie auf den Abschluss eines Tarifvertrags gerichtet ist, der bezogen auf seinen angestrebten räumlichen und betrieblichen Geltungsbereich weniger als 15 % der Arbeitsverhältnisse des Unternehmens oder der Branche erfassen würde.
- Verhältnis zu anderen Vorschriften: Der Gesetzesvorschlag regelt den Bereich des Arbeitskampfes in Unternehmen bzw. Branchen der Daseinsfürsorge nach Auskunft der drei Initiatoren nicht abschließend. Daher sollen daneben weiterhin die allgemeinen Grundsätze des Arbeitskampfrechtes, wie sie insbesondere die Rechtsprechung des BAG entwickelt hat, anwendbar sein.
+++ Der Hintergrund:
Wie z.B. der letzte Streik der Vorfeldmitarbeiter des Frankfurter Flughafens gezeigt hat, versuchen immer häufiger kleine und besonders streikmächtige Gewerkschaften, für ihre Mitglieder Sondervorteile zu erstreiten. Ein solches Vorgehen würde durch das vorgeschlagene Gesetz künftig erheblich erschwert.
Die drei Professoren rechtfertigen die Einschränkungen damit, dass ein Streik im Bereich der Daseinsfürsorge nicht nur die Arbeitskampfparteien, sondern auch Dritte in Form der Allgemeinheit betrifft. Ferner stehe der Arbeitgeberseite ihr Arbeitskampfinstrument, die Aussperrung, hier typischerweise nicht oder nur sehr eingeschränkt zur Verfügung. Die Unternehmen seien zudem im Bereich der Daseinsvorsorge gehalten, die Leistungen im Interesse der Bürger und der Allgemeinheit soweit wie möglich aufrechtzuerhalten.
+++ Kritik von Gewerkschaften:
Die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di hat den Vorschlag der drei Professoren als "völlig abwegig" bezeichnet. Ähnlich hat sich auch der Marburger Bund geäußert, der ein solches Streikrecht "erster und zweiter Klasse" für unvereinbar mit dem Grundrecht der Koalitionsfreiheit hält.
+++ Linkhinweis:
Der Gesetzesvorschlag und seine Begründung sind auf den Webseiten der Carl Friedrich v. Weizäcker-Stiftung veröffentlicht.
Um direkt zu dem Vorschlag für das "Gesetz zur Regelung kollektiver Arbeitskonflikte in der Daseinsvorsorge" zu kommen, klicken Sie bitte hier.
Eine Erläuterung des Gesetzesvorschlags finden Sie hier.