Relativierung des Holocaust rechtfertigt fristlose Kündigung
ArbG Hamburg 18.10.2017, 16 Ca 23/17Der 1959 geborene Kläger war seit 1.5.2015 als Liegenschaftsbetreuer bei der Beklagten tätig. Die Beklagte betreibt ein Unternehmen für Abfallmanagementdienstleistung für die Wohnungswirtschaft.
Bei der Rückgabe des Dienstfahrzeugs eines anderen Liegenschaftsbetreuers der Beklagten wurden am 14.12.2016 durch Mitarbeiter der Beklagten mehrere Musik-CDs mit rechtsradikalen Inhalten gefunden. Aus diesem Anlass kam es im Betrieb der Beklagten zwischen dem Kläger und der Mitarbeitern Frau L. zu einem Flurgespräch über den Holocaust. Die Beklagte warf dem Kläger später vor, dass er in diesem Gespräch den Holocaust verleugnet und weitere volksverhetzende Äußerungen getätigt habe. Sie kündigte deshalb das Arbeitsverhältnis nach Anhörung des Betriebsrats außerordentlich fristlos sowie hilfsweise ordentlich.
Der Kläger wandte sich daraufhin mit einem Schreiben an die Niederlassungsleiterin der Beklagten und bat um Entschuldigung für sein Verhalten gegenüber Frau L. Schließlich erhob er Kündigungsschutzklage. Er habe im Rahmen des Gesprächs mit Frau L. den Holocaust nicht geleugnet. Die Kündigungsschutzklage hatte keinen Erfolg.
Die Gründe:
Die außerordentliche Kündigung ist wirksam. Als wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung i.S.v. § 626 Abs. 1 BGB ist neben der Verletzung vertraglicher Hauptpflichten auch die schuldhafte Verletzung von Nebenpflichten "an sich" geeignet. Der Kläger hat im Streitfall seine Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen er Beklagten verletzt, indem er nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme im Rahmen des Gesprächs mit Frau L. in der Betriebsöffentlichkeit volksverhetzende und den Betriebsfrieden störende Äußerungen getätigt hat. Die Zeugin L. hat glaubhaft ausgesagt, der Kläger habe gesagt, dass die Judentransporte nicht in dem Maße stattgefunden hätten. Juden seien nicht vergast worden.
§ 130 Abs. 3 StGB stellt sowohl das Herunterspielen der während der Herrschaft des Nationalsozialismus begangenen Handlungen in tatsächlicher Sicht als auch das Relativieren in seinem Unwertgehalt unter Strafe. Unabhängig von der strafrechtlichen Beurteilung der Äußerungen des Klägers weisen sie jedoch einen volksverhetzenden Charakter auf und haben den Betriebsfrieden gestört. Zumal die Äußerungen auf dem Flur und damit in der Betriebsöffentlichkeit erfolgt sind.
Im Streitfall bedurfte es auch keiner vorherigen Abmahnung des Klägers, da es sich um einen besonders schweren Pflichtverstoß handelt. Es war für den Kläger erkennbar, dass die Beklagte solche volksverhetzenden Äußerungen auch nicht einmalig in ihrer Betriebsöffentlichkeit hinnehmen würde.
Linkhinweis:
Für den auf den Webseiten der Justiz Hamburg veröffentlichten Volltext der Entscheidung klicken Sie bitte hier.