09.06.2011

Rücksichtslose Durchsetzung der eigenen Interessen bei Kollegen-Streit kann Kündigung rechtfertigen

Wer bei einem Streit mit einem Kollegen vor Kunden ohne hinreichenden Anlass die Polizei ruft und zugleich seinen Arbeitgeber beschimpft, muss auch bei langer Beschäftigungsdauer mit einer außerordentlichen Kündigung rechnen. Ein solches Verhalten begründet die Gefahr, dass der Arbeitnehmer bei nächster Gelegenheit erneut rücksichtslos seine vermeintlich berechtigten Interessen öffentlichkeitswirksam verfolgt.

LAG Berlin-Brandenburg 6.5.2011, 6 Sa 2558/10
Der Sachverhalt:
Der Kläger war seit neuneinhalb Jahren bei den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG) als Busfahrer beschäftigt und dabei schon einmal wegen verschiedener Pflichtverletzungen abgemahnt worden. Folgender Vorfall führte dann zu seiner Kündigung: Der Kläger geriet bei einer Busfahrt mit einem zugestiegenen Kollegen in Streit, stoppte daraufhin den mit Fahrgästen besetzten Bus und rief an der nächsten Haltestelle die Polizei, obwohl sein Kollege den Bus bereits verlassen hatte. Gegenüber den erschienenen Polizisten sprach er von "menschenunwürdigen" Arbeitsbedingungen bei seiner Arbeitgeberin.

Die beklagte Arbeitgeberin kündigte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger wegen dieses Vorfalls fristlos. Die hiergegen gerichtete Kündigungsschutzklage hatte vor dem LAG keinen Erfolg.

Die Gründe:
Die Beklagte hat dem Kläger wirksam gem. § 626 Abs. 1 BGB außerordentlich gekündigt. Ihr ist die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger nicht einmal mehr bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist zumutbar.

Der Kläger hat mit dem Vorfall seine Arbeitspflicht sowie die Pflicht zur Rücksichtnahme auf seine Arbeitgeberin grob verletzt. Das Herbeirufen der Polizei aus nichtigem Anlass und die Bezeichnung seiner Arbeitsbedingungen als menschenunwürdig begründet die Gefahr, dass der Kläger bei nächster Gelegenheit erneut rücksichtslos seine vermeintlich berechtigten Interessen öffentlichkeitswirksam verfolgt.

Die lange Beschäftigungsdauer steht der außerordentlichen Kündigung angesichts der Schwere der Pflichtverletzungen nicht entgegen, zumal der Kläger auch schon in der Vergangenheit wegen anderer Pflichtverletzungen abgemahnt worden ist.

Linkhinweis:
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LAG Berlin-Brandenburg PM Nr. 22 vom 7.6.2011
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