Sachgrundlose Befristung: Keine zeitliche Begrenzung des Vorbeschäftigungsverbots, kein Vertrauensschutz
LAG Niedersachsen 20.7.2017, 6 Sa 1125/16Die Beklagte betreibt mehrere hundert Supermärkte in Deutschland. Die Klägerin war bei der Beklagten zunächst in deren Betrieb in A befristet tätig. Das Arbeitsverhältnis wurde bis zum 31.12.2008 verlängert. Schließlich kündigte die Klägerin das Arbeitsverhältnis zum 31.12.2008.
Mit Vertrag vom 30.4.2014 schlossen die Parteien zunächst für die Zeit vom 2.5.2014 bis zum 31.1.2015 erneut einen befristeten Arbeitsvertrag diesmal für den Betrieb in B. Der Arbeitsvertrag wurde in der Folgezeit dreimal verlängert - und zwar durch die Vereinbarung vom 14.1.2015 bis zum 31.7.2015, durch Vereinbarung vom 8.7.2015 bis zum 31.1.2016 und schließlich durch Vereinbarung vom 12.1.2016 bis zum 30.4.2016. Die Klägerin wurde ausschließlich im Betrieb B im Bereich Food I eingesetzt.
Da die Klägerin der Auffassung war, dass eine sachgrundlose Befristung des Arbeitsverhältnisses für den Zeitraum vom 2.5.2014 bis 30.6.2016 wegen ihrer Vorbeschäftigungszeit im Betrieb A unzulässig sei, erhob sie Klage und machte den unbefristeten Fortbestand des Arbeitsverhältnisses über den 30.4.2016 hinaus geltend. Das Arbeitsgericht wies die Klage ab. Die dagegen eingelegte Berufung der Klägerin hatte vor dem LAG Erfolg.
Die Gründe:
Das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis hat nicht aufgrund der Befristung mit Ablauf des 30.4.2016 geendet. Die zuletzt bis zum 30.4.2016 vereinbarte sachgrundlose Befristung des Arbeitsverhältnisses ist rechtsunwirksam. Das Arbeitsverhältnis besteht daher über das Befristungsende hinaus weiterhin fort. Der sachgrundlosen Befristung steht das Anschlussverbot des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG entgegen. Gemäß § 14 Abs. 2 Satz 1 Hs. 2 TzBfG ist zwar bis zur Gesamtdauer von zwei Jahren die dreimalige Verlängerung eines sachgrundlosen befristeten Arbeitsvertrags möglich. Nach § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG gilt dies jedoch nicht, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat.
Im vorliegenden Fall bestand zwischen den Parteien bei Abschluss des befristeten Vertrags auf den 30.4.2016 zuvor bereits ein Arbeitsverhältnis in 2008. Der Umstand, dass die Klägerin damals im Betrieb A eingesetzt wurde und nun im Betrieb B vermag daran nichts zu ändern, auch wenn es sich dabei um eigenständige Betriebe i.S.d. Kündigungsschutzgesetztes und des Betriebsverfassungsgesetzes handelt. Arbeitgeber gemäß § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG ist der Vertragsarbeitgeber und das ist in beiden Fällen die Beklagte. Das Anschlussverbot knüpft nicht an den Beschäftigungsbetrieb an, sondern soll den rechtlichen Bestand des Arbeitsverhältnisses mit einem Vertragsarbeitgeber schützen.
Auch der Umstand, dass zwischen der Beendigung des zuvor bestehenden Arbeitsverhältnisses am 31.12.2008 und dem Neuabschluss des Arbeitsvertrags zum 2.5.2014 mehr als drei Jahre gelegen haben, steht dem nicht entgegen. Es ist nicht dem Auslegungsergebnis der BAG-Entscheidung vom 6.4.2011 (7 AZR 716/09) zu folgen, wonach das Anschlussverbot zeitlich auf drei Jahre begrenzt ist. § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG ist vielmehr dahingehend auszulegen, dass ein zeitlich unbegrenztes Anschlussverbot besteht. Für diese Auslegung sprechen sowohl der Wortlaut, der mit "bereits zuvor" gerade keine zeitliche Begrenzung vorgibt, als auch die Gesetzesgeschichte sowie die Gesetzessystematik des TzBfG.
Soweit die Beklagte Praxisprobleme bei der Feststellung einer Vorbeschäftigung entgegnet, sind diesen durch das Fragerecht des Arbeitgebers beizukommen. Auf schutzwürdiges Vertrauen in die Fortführung der fachgerichtlichen Rechtsprechung kann die Beklagte sich nicht berufen, da die Rechtsprechung des BAG vom 6.4.2011 auf erhebliche Kritik in Rechtsprechung und Literatur gestoßen ist, so dass der unveränderte Fortbestand ihrer nicht als gesichert anzusehen war.
Linkhinweise:
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Einen Blog-Beitrag von Herrn Dr. Grimm zu dem Thema finden Sie hier.