14.03.2019

Schule beschränkt Sportunterricht für Mädchen auf weibliche Sportlehrkraft - keine Diskriminierung gemäß AGG

Die Anforderung, dass eine Frau den Sportunterricht für Schülerinnen abhält, ist eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung i.S.d. § 8 Abs. 1 AGG. Die Ausschreibung einer solchen Stelle auf weibliche Bewerberinnen zu beschränken erzeugt keinen Schadensersatzanspruch für männliche Bewerber aufgrund einer Diskriminierung wegen des Geschlechts.

LAG Nürnberg v. 20.11.2018 - 7 Sa 95/18

Der Sachverhalt:
Der Beklagte betreibt eine Schule, für die er unter anderen ein Stellenangebot "Fachlehrerin Sport (w)" ausgeschrieben hatte. Der Kläger bewarb sich auf die Stelle. Daraufhin teilte ihm der Beklagte mit, dass er eine weibliche Sportlehrkraft für die Mädchen suche. Der Kläger machte vor dem Arbeitsgericht geltend, der Beklagte benachteilige ihn wegen seines Geschlechtes, wofür er nun eine Entschädigung forderte. Das Arbeitsgericht wies die Klage ab.

 

Der Kläger legte gegen das Urteil Berufung ein. Die unterschiedliche Behandlung wegen des Geschlechtes sei nicht gem. § 8 AGG gerechtfertigt. Weiterhin machte er geltend, die Tätigkeit eines Sportlehrers sei geschlechtsneutral. Ein mögliches Unbehagen könne sowohl bei einem Schüler als auch bei einer Schülerin auftreten, das Geschlecht der Schüler und der Lehrer spiele keine Rolle. So wäre es auch möglich, dass "männliche Schüler nicht von einem männlichen Lehrer berührt werden wollten, da sie die Empfindung hätten, dass sie heterosexuell und nicht homosexuell seien." Folge man der Ansicht des Arbeitsgerichts, dürfe es auch keine männlichen Frauenärzte, keinen männlichen Masseur usw. geben.

 

Das LAG wies die Beschwerde des Klägers zurück und ließ die Revision zu.

 

Die Gründe:
Der Kläger hat keinen Schadensersatzanspruch gem. §§ 7 Abs. 1, 15 Abs. 2 AGG aufgrund einer Diskriminierung wegen des Geschlechts gegen den Beklagten. Es liegt eine zulässige unterschiedliche Behandlung wegen beruflicher Anforderungen gem. § 8 Abs. 1 AGG vor.

Entscheidend für die Zulässigkeit einer unterschiedlichen Behandlung ist, ob die geforderte Gleichgeschlechtlichkeit von Lehrkräften und Schülern eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung i.S.d. § 8 Abs. 1 AGG darstellt. Dafür muss die ordnungsgemäße Durchführung der Tätigkeit von dem Unterscheidungsmerkmal abhängen. Das Differenzierungsmerkmal darf nicht nur für unbedeutende, für den Arbeitsplatz nicht charakteristische Tätigkeiten notwendig sein.

Gemessen an diesen Kriterien stellt das Geschlecht bei Sportlehrern ein Merkmal dar, von dem die ordnungsgemäße Durchführung der Tätigkeit, also vor allem des Sportunterrichts abhängt. Anders als bei den außerhalb des Sports bestehenden Lehrfächern ist der Sportunterricht durch besondere Körperlichkeit geprägt. Beim Sportunterricht sind körperliche Kontakte erforderlich, insbesondere wenn der Sportlehrer für das Turnen Hilfestellung leistet. Gerade bei Mädchen prägt sich das Schamgefühl ab Beginn der Pubertät stärker aus, was dazu führt, dass körperliche Berührungen durch das andere Geschlecht schneller als unangemessen empfunden werden. Dazu kommt, dass körperliche hormonelle Umstellungen beziehungsweise damit verbundene Unpässlichkeiten sich auf die sportliche Leistungsfähigkeit auswirken können, was ungern mit einem männlichen Sportlehrer erörtert wird.

LAG Nürnberg Urteil vom 20.11.2018
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