Schwerbehinderte Bewerber müssen auch bei nicht bestandenem Auswahltest zum Vorstellungsgespräch eingeladen werden
LAG Schleswig-Holstein 9.9.2015, 3 Sa 36/15Der schwerbehinderte Kläger hatte sich um einen Platz bei der beklagten öffentlichen Arbeitgeberin für ein duales Studium zum Verwaltungsinformatiker beworben. Voraussetzung war eine "mindestens vollwertige Fachhochschulreife", über die der Kläger verfügt. Er nahm sodann an dem bereits in der Ausschreibung erwähnten schriftlichen Eignungstest teil und fiel durch. Daraufhin erteilte ihm die Beklagte eine Absage.
Der Kläger sah hierin eine Benachteiligung wegen seiner Schwerbehinderung und nahm die Beklagte auf Zahlung einer Entschädigung im Anspruch. Seine Klage war sowohl vor dem Arbeitsgericht als auch vor dem LAG im Umfang von zwei Bruttomonatsvergütungen erfolgreich. Das Berufungsurteil ist noch nicht rechtskräftig.
Die Gründe:
Die Beklagte hat gegen ihre aus § 82 Satz 2 SGB IX resultierende Pflicht verstoßen, schwerbehinderte Stellenbewerber zum Vorstellungsgespräch einladen, soweit diese nicht offensichtlich fachlich ungeeignet sind. Dem schwerbehinderten Bewerber soll hierdurch Gelegenheit gegeben werden, etwaige Defizite in einem persönlichen Gespräch auszugleichen. Die im Streitfall unterlassene Einladung des Klägers zum Vorstellungsgespräch stellt deshalb ein Indiz für eine Diskriminierung wegen der Schwerbehinderung dar. Dieses Indiz hat die Beklagte nicht widerlegt.
Die vorgeschriebene Einladung schwerbehinderter Bewerber zum Vorstellungsgespräch kann auch nicht durch einen schriftlichen, für alle Bewerber verbindlichen Auswahltest ersetzt werden. Das gilt jedenfalls dann, wenn das Bestehen des Eingangstests - wie hier - ausweislich der Ausschreibung keine Stellenanforderung, sondern bereits Teil des Auswahlverfahrens war.