SGB II: Neugeborenes profitiert vom Aufenthaltstitel der Mutter
LSG NRW v. 6.4.2022 - L 12 AS 1323/19
Der Sachverhalt:
Die 2018 geborene Klägerin lebt mit Mutter und Schwester in einem Haushalt. Alle drei sind bosnisch-herzegowinische Staatsangehörige. Sowohl die Mutter als auch die Schwester besitzen einen Aufenthaltstitel aus humanitären Gründen gemäß § 25 Abs. 5 AufenthG. Das beklagte Jobcenter Köln lehnte die Gewährung von SGB II-Leistungen für die ersten drei Lebensmonate der Klägerin ab.
Das SG Köln hat den Beklagten verurteilt, ihr auch für diesen Zeitraum Leistungen zu gewähren. Dies hat LSG nun bestätigt und die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Das Urteil ist rechtskräftig.
Die Gründe:
Der Anspruch der Klägerin besteht schon ab Geburt. Zwar sind nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 SGB II Ausländerinnen und Ausländer, die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer oder Selbständige noch aufgrund des § 2 Abs. 3 FreizügG/EU freizügigkeitsberechtigt sind, und ihre Familienangehörigen für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts von Leistungen nach § 7 Abs. 1 S. 1 SGB II ausgenommen. Die Mutter der Klägerin ist weder Arbeitnehmerin oder Selbständige noch kann sie wegen ihrer bosnisch-herzegowinischen Staatsangehörigkeit nach § 2 Abs. 3 FreizügG/EU freizügigkeitsberechtigt sein. Gleiches gilt für die Klägerin als Familienangehörige.
Allerdings greift hier eine Rückausnahme nach § 7 Abs. 1 S. 3 SGB II. Danach gilt § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 SGB II nicht für Ausländerinnen und Ausländer, die sich mit einem Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5 AufenthG in der Bundesrepublik Deutschland aufhielten. Die Mutter verfügte zum Zeitpunkt der Geburt über einen solchen Aufenthaltstitel, sodass sie gemäß § 7 Abs. 1 S. 3 SGB II nicht von dem Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 SGB II erfasst gewesen ist. Diese Rechtsfolge ist auf die Klägerin zu übertragen. Dies ergibt sich zwar nicht unmittelbar aus dem Wortlaut des Gesetzes, aber aus seiner Systematik, dem Zweck der Regelung sowie den Gesetzgebungsmaterialien.
LSG NRW PM vom 28.9.2022
Die 2018 geborene Klägerin lebt mit Mutter und Schwester in einem Haushalt. Alle drei sind bosnisch-herzegowinische Staatsangehörige. Sowohl die Mutter als auch die Schwester besitzen einen Aufenthaltstitel aus humanitären Gründen gemäß § 25 Abs. 5 AufenthG. Das beklagte Jobcenter Köln lehnte die Gewährung von SGB II-Leistungen für die ersten drei Lebensmonate der Klägerin ab.
Das SG Köln hat den Beklagten verurteilt, ihr auch für diesen Zeitraum Leistungen zu gewähren. Dies hat LSG nun bestätigt und die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Das Urteil ist rechtskräftig.
Die Gründe:
Der Anspruch der Klägerin besteht schon ab Geburt. Zwar sind nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 SGB II Ausländerinnen und Ausländer, die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer oder Selbständige noch aufgrund des § 2 Abs. 3 FreizügG/EU freizügigkeitsberechtigt sind, und ihre Familienangehörigen für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts von Leistungen nach § 7 Abs. 1 S. 1 SGB II ausgenommen. Die Mutter der Klägerin ist weder Arbeitnehmerin oder Selbständige noch kann sie wegen ihrer bosnisch-herzegowinischen Staatsangehörigkeit nach § 2 Abs. 3 FreizügG/EU freizügigkeitsberechtigt sein. Gleiches gilt für die Klägerin als Familienangehörige.
Allerdings greift hier eine Rückausnahme nach § 7 Abs. 1 S. 3 SGB II. Danach gilt § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 SGB II nicht für Ausländerinnen und Ausländer, die sich mit einem Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5 AufenthG in der Bundesrepublik Deutschland aufhielten. Die Mutter verfügte zum Zeitpunkt der Geburt über einen solchen Aufenthaltstitel, sodass sie gemäß § 7 Abs. 1 S. 3 SGB II nicht von dem Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 SGB II erfasst gewesen ist. Diese Rechtsfolge ist auf die Klägerin zu übertragen. Dies ergibt sich zwar nicht unmittelbar aus dem Wortlaut des Gesetzes, aber aus seiner Systematik, dem Zweck der Regelung sowie den Gesetzgebungsmaterialien.