Stichtagsregelung für Sonderzahlung mit Mischcharakter ist unzulässig
BAG 13.11.2013, 10 AZR 848/12Der Kläger war seit 2006 bei dem beklagten Verlag als Controller beschäftigt. Er erhielt jährlich mit dem Novembergehalt eine Sonderzahlung in Höhe eines Monatsgehalts, die zunächst als "Gratifikation" und ab 2007 als "Weihnachtsgratifikation" bezeichnet wurde.
Der Beklagte übersandte jeweils im Herbst eines Jahres ein Schreiben mit "Richtlinien" für die Sonderzahlung an alle Arbeitnehmer. In dem Schreiben für das Jahr 2010 war u.a. geregelt, dass
- die Zahlung an Verlagsangehörige erfolgt, die sich am 31.12.2010 in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis befinden,
- Verlagsangehörige für jeden Kalendermonat mit einer bezahlten Arbeitsleistung 1/12 des Bruttomonatsgehalts bekommen und
- im Lauf des Jahres eintretende Arbeitnehmer die Sonderzahlung anteilig erhalten.
Der Kläger kündigte das Arbeitsverhältnis zum 30.9.2010 und verlangte vom Beklagten die anteilige Weihnachtsgratifikation für das Jahr 2010. Arbeitsgericht und LAG wiesen die Klage ab. Die hiergegen gerichtete Revision des Klägers hatte vor dem BAG Erfolg.
Die Gründe:
Der Kläger hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung der anteiligen Weihnachtsgratifikation. Hierbei handelte es sich um eine sog. Sonderzahlung mit Mischcharakter. Denn die Zahlung sollte nach den Richtlinien einerseits den Arbeitnehmer über das Jahresende hinaus an das Unternehmen binden und damit die Betriebstreue belohnen. Sie diente aber zugleich der Vergütung der im Laufe des Jahres geleisteten Arbeit.
In solchen Fällen sind Stichtagsregelungen wie die hier vorliegende nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam. Die Klausel benachteiligt den Kläger unangemessen. Denn sie steht im Widerspruch zum Grundgedanken des § 611 Abs. 1 BGB, weil sie dem Arbeitnehmer bereits erarbeiteten Lohn entzieht. Der Vergütungsanspruch wurde schließlich nach den Richtlinien monatlich anteilig erworben.
Es gibt auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Sonderzahlung in erster Linie Gegenleistung für Zeiten nach dem Ausscheiden des Klägers oder für besondere - vom Kläger nicht erbrachte - Arbeitsleistungen sein sollte.
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