22.10.2018

Strenge Anforderungen an Wahltarife einer Krankenkasse

Die von der AOK Rheinland/Hamburg angebotenen Wahltarife überschreiten größtenteils den gesetzlichen Rahmen des zur Aufrechterhaltung der Gesundheitsfürsorge Gebotenen und verfassungsmäßig Zulässigen. Sie greifen damit in unzulässiger Weise in den Bereich der privaten beruflichen Betätigung Dritter zu deren Nachteil ein.

LSG Nordrhein-Westfalen 14.6.2018, L 16 KR 251/14
Der Sachverhalt:

Mit dem Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 26.3.2007 hat der Gesetzgeber den Krankenkassen die Befugnis eingeräumt, in ihren Satzungen vorzusehen, dass Mitglieder für sich und ihre mitversicherten Angehörigen Tarife für Kostenerstattungen wählen. Die beklagte AOK Rheinland/Hamburg führte daraufhin neue Tarife zur Kostenerstattung für Leistungen im Ausland, Krankenhauszuzahlung, Ein- oder Zwei-Bett-Zimmer im Krankenhaus sowie bei Zahnersatz und später für Vorsorgeleistungen zur Zahngesundheit, häusliche Krankenpflege, Brillen und kieferorthopädische Behandlungen ein.

Die Continentale Krankenversicherung a.G. erhob Klage mit dem Ziel, der Beklagten das Angebot dieser Versicherungsleistungen zu untersagen. Das SG Dortmund wies die Klage ab. Die dagegen eingelegte Berufung hatte vor dem LSG größtenteils Erfolg. Die Revision wurde zugelassen.

Die Gründe:

Es ist der Beklagten nicht erlaubt, ihren Versicherten Versicherungsleistungen in Form der streitgegenständlichen Kostenerstattungstarife für Zusatzleistungen (mit Ausnahme von Vorsorgeleistungen zur Zahngesundheit und häuslichen Krankenpflege) anzubieten.

Grundsätzlich ist es den Krankenkassen als Teil der öffentlichen Hand verwehrt, über das zur Aufrechterhaltung der Gesundheitsfürsorge Gebotene und verfassungsmäßig Zulässige hinaus Leistungen zu erbringen. Mit dem Angebot ihrer Wahltarife hat die Beklagte teilweise den Rahmen des vom Gesetzgeber vorgesehenen Leistungsumfangs der gesetzlichen Krankenversicherung überschritten und damit in unzulässiger Weise in den Bereich der privaten beruflichen Betätigung Dritter zu deren Nachteil eingegriffen. Der Unterlassungsanspruch der Klägerin ergibt sich daraus.

LSG Nordrhein-Westfalen PM vom 22.10.2018
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