Tarifliche Entgelterhöhung bei ungenügender Sanierung von sanitären Einrichtungen
BAG v. 22.2.2023 - 4 AZR 68/22
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist bei der Beklagten seit 2011 beschäftigt. Diese schloss mit der IG Metall im Jahr 2018 einen Haustarifvertrag, der eine Erhöhung der Entgelte in zwei Schritten (April 2018 und Mai 2019) um insgesamt 4,0 % vorsah. Darüber hinaus war unter "betriebliche Themen" vereinbart, dass die Beklagte bis zum 31.12.2018 Betriebsvereinbarungen zu bestimmten Themen schließt und dazu erforderliche Baumaßnahmen durchführt.
Weiterhin sollten bis zum 30.6.2019 sanitäre Einrichtungen grundsaniert werden. Anderenfalls "erfolgt zum 1.7.2019 eine weitere Erhöhung der Entgelte um 0,5 %". Nachdem die Sanierung am 30.6.2019 nicht vollständig abgeschlossen war, machte der Kläger für die nachfolgende Zeit die entsprechende Entgelterhöhung mit einem Zahlungs- und einem Feststellungsantrag geltend. Die Beklagte ist der Auffassung, die Regelung enthalte die Vereinbarung einer Vertragsstrafe, die unwirksam, jedenfalls aber nach § 343 BGB oder § 242 BGB herabzusetzen sei.
Das ArbG wies die Klage ab. Das LAG gab ihr teilweise statt und sprach dem Kläger ein um 0,1 % höheres Entgelt zu. Auf die Revision des Klägers gab das BAG der Klage hinsichtlich des Zahlungsantrags statt; wegen des Feststellungsantrags verwies das BAG den Rechtsstreit an das LAG zurück. Die Anschlussrevision der Beklagten hatte weitgehend keinen Erfolg.
Die Gründe:
Die Bedingung für die Entgelterhöhung i.S.d. § 158 Abs. 1 BGB ist aufgrund der unvollständigen Durchführung der vereinbarten Sanierungsmaßnahmen eingetreten. Bei der tarifvertraglichen Regelung handelt es sich nicht um eine Vertragsstrafe i.S.d. §§ 339 ff. BGB. Die Entgelterhöhung betrifft die Ausgestaltung der Hauptleistungspflichten der tarifgebundenen Arbeitsverhältnisse und dient daher anderen Zwecken als eine Vertragsstrafe. Mangels Anwendbarkeit der gesetzlichen Regelungen zur Vertragsstrafe kam eine Herabsetzung der Entgelterhöhung nach § 343 BGB nicht in Betracht. Ebenso schied eine solche auf Grundlage von § 242 BGB aus. Dem Zahlungsantrag war daher stattzugeben. Hinsichtlich des Feststellungsantrags war der Rechtsstreit aus prozessualen Gründen an das LAG zurückzuverweisen.
Mehr zum Thema:
Aufsatz:
Die tarifvertragliche Friedenspflicht
Wolfgang Kleinebrink, ArbRB 2022, 157
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BAG PM Nr. 12 vom 22.2.2023
Der Kläger ist bei der Beklagten seit 2011 beschäftigt. Diese schloss mit der IG Metall im Jahr 2018 einen Haustarifvertrag, der eine Erhöhung der Entgelte in zwei Schritten (April 2018 und Mai 2019) um insgesamt 4,0 % vorsah. Darüber hinaus war unter "betriebliche Themen" vereinbart, dass die Beklagte bis zum 31.12.2018 Betriebsvereinbarungen zu bestimmten Themen schließt und dazu erforderliche Baumaßnahmen durchführt.
Weiterhin sollten bis zum 30.6.2019 sanitäre Einrichtungen grundsaniert werden. Anderenfalls "erfolgt zum 1.7.2019 eine weitere Erhöhung der Entgelte um 0,5 %". Nachdem die Sanierung am 30.6.2019 nicht vollständig abgeschlossen war, machte der Kläger für die nachfolgende Zeit die entsprechende Entgelterhöhung mit einem Zahlungs- und einem Feststellungsantrag geltend. Die Beklagte ist der Auffassung, die Regelung enthalte die Vereinbarung einer Vertragsstrafe, die unwirksam, jedenfalls aber nach § 343 BGB oder § 242 BGB herabzusetzen sei.
Das ArbG wies die Klage ab. Das LAG gab ihr teilweise statt und sprach dem Kläger ein um 0,1 % höheres Entgelt zu. Auf die Revision des Klägers gab das BAG der Klage hinsichtlich des Zahlungsantrags statt; wegen des Feststellungsantrags verwies das BAG den Rechtsstreit an das LAG zurück. Die Anschlussrevision der Beklagten hatte weitgehend keinen Erfolg.
Die Gründe:
Die Bedingung für die Entgelterhöhung i.S.d. § 158 Abs. 1 BGB ist aufgrund der unvollständigen Durchführung der vereinbarten Sanierungsmaßnahmen eingetreten. Bei der tarifvertraglichen Regelung handelt es sich nicht um eine Vertragsstrafe i.S.d. §§ 339 ff. BGB. Die Entgelterhöhung betrifft die Ausgestaltung der Hauptleistungspflichten der tarifgebundenen Arbeitsverhältnisse und dient daher anderen Zwecken als eine Vertragsstrafe. Mangels Anwendbarkeit der gesetzlichen Regelungen zur Vertragsstrafe kam eine Herabsetzung der Entgelterhöhung nach § 343 BGB nicht in Betracht. Ebenso schied eine solche auf Grundlage von § 242 BGB aus. Dem Zahlungsantrag war daher stattzugeben. Hinsichtlich des Feststellungsantrags war der Rechtsstreit aus prozessualen Gründen an das LAG zurückzuverweisen.
Aufsatz:
Die tarifvertragliche Friedenspflicht
Wolfgang Kleinebrink, ArbRB 2022, 157
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