21.08.2017

Treueprämie und Schichtzulage für jede tatsächlich geleistete Arbeitsstunde werden auf den Mindestlohn angerechnet

Eine vom Arbeitgeber für jede tatsächlich geleistete Arbeitsstunde gezahlte Treueprämie und Schichtzulage sind mindestlohnwirksam. Neben der Grundvergütung werden sie auf den Mindestlohnanspruch angerechnet.

BAG 22.3.2017, 5 AZR 424/16
Der Sachverhalt:
Der Kläger war bis Ende 2014 bei dem beklagten Schlacht- und Verarbeitungsbetrieb für Geflügel als Schichtarbeiter tätig.
Auf das Arbeitsverhältnis fanden zunächst die mit der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt geschlossenen Tarifverträge Anwendung. Der Manteltarifvertrag (MTV) sah dabei eine Treueprämie für kontinuierlichen Arbeitseinsatz vor. Die Höhe bestimmte sich nach § 8 Lohn- und Gehaltstarifvertrag (LTV) und betrug für die Lohngruppe des Klägers 0,65 Euro brutto pro Stunde.

Nach Kündigung der Tarifverträge zahlte die Beklagte den Angestellten ab Mai 2009 aufgrund einer "Betrieblichen Entgeltregelung" (BM) eine Treueprämie bis März 2010 von lediglich noch 0,25 Euro/Stunde und anschließend von 0,50 Euro/Stunde. Ab Dezember 2010 wandte die Beklagte eine von ihr vorformulierte "Betriebliche Mantelregelung" an, die zur Treueprämie eine entsprechend der Regelung des MTV beinhaltete. Zudem galt nach dem Tarifvertrag für Mindestbedingungen (TV) in der Fleischwirtschaft ab 1.7.2014 ein Mindestlohn von 7,75 Euro je Stunde und ab 1.12.2014 einer von 8,00 Euro. Der Kläger erhielt von August bis November 2014 einen Stundenlohn von 7,15 Euro zzgl. Treueprämie von 0,50 Euro und Schichtzulage von 0,10 Euro. Im Dezember 2014 erhielt er einen höheren Stundenlohn von 7,40 Euro. Treueprämie und Schichtzulage blieben gleich.

Der Kläger verlangte Differenzvergütung für die Monate August bis Dezember 2014, da der Anspruch auf Mindestlohn nicht vollständig erfüllt sei und die Treueprämie 0,65 Euro betrage. Die Klage hatte in Bezug auf die Treueprämie sowohl vor dem LAG als auch vor dem BAG Erfolg. Hinsichtlich des Mindestlohnanspruchs wiesen beide Gerichte  die Klage ab.

Die Gründe:
Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Die Höhe der Treueprämie hat zum streitgegenständlichen Zeitraum 0,65 Euro/Stunde betragen.

Es steht außer Streit, dass der Kläger dem Grunde nach einen Anspruch auf die Treueprämie hat. Die Höhe der Prämie ergibt sich aus der in der BM enthaltenen Gesamtzusage, mit der die Beklagte eine Erhöhung der Treueprämie versprochen hat und auf § 8 LTV verweist, wonach die Höhe der Prämie 0,65 Euro beträgt. Durch die Gesamtzusage in der BM erhält der Kläger einen einzelvertraglichen Anspruch auf die zugesagte Leistung, sobald er wie im vorliegenden Fall die Voraussetzungen erfüllt. Es ist darin ein Angebot zu sehen. Einer Annahme durch den Kläger bedarf es nicht. Es wird gem. § 151 S. 1 BGB angenommen. Der eindeutige Wortlaut der Regelung, dass sich die Höhe der Treueprämie nach § 8 LTV richten soll, lässt für einen verständigen Dritten nur den Schluss zu, dass ein Anstieg der Treueprämie auf 0,65 Euro gewollt ist. Für § 305 c Abs. 2 BGB ist aufgrund der Eindeutigkeit kein Raum.

Im Übrigen ist die Klage unbegründet. Der Anspruch des Klägers auf Mindestlohn nach dem TV Mindestbedingungen ist durch Erfüllung gem. § 362 Abs. 1 BGB erloschen. Die Schichtzulage und die Treueprämie sind mindestlohnwirksam. Ob und in welchem Umfang der Mindestlohnanspruch neben der Grundvergütung durch weitere Zusatzleistungen erfüllt wird, hängt davon ab, ob die erbrachten Leistungen die Normzwecke des TV Mindestbedingungen erfüllen. Ziel der Verordnung ist es angemessene Mindestentgeltsätze für geleistete Arbeit zu schaffen. Treueprämie und die Schichtzulage gewährleisten dies ebenso. Die Beklagte hat beide Beträge neben der Grundvergütung als Teil der Vergütung für tatsächlich erbrachte Arbeit gezahlt. Treueprämie und Schichtzulage sind nicht neben dem Mindestlohn anzusehen, sondern sie erfüllen diesen.

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