14.01.2019

Trotz DSGVO: Betriebsrat hat Anspruch auf Einsichtnahme in die nichtanonymisierten Listen der Bruttolöhne und -gehälter

Ein Betriebsrat hat gem. § 80 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 BetrVG weiterhin das Recht auf Einsichtnahme in nichtanonymisierte Listen der Bruttolöhne und -gehälter, um seine Aufgaben gem. § 80 Abs. 1 BetrVG erfüllen zu können. Die Dateneinsicht verletzt nicht das Recht der Arbeitnehmer auf informationelle Selbstbestimmung gem. Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG und ist mit den Vorgaben der DSGVO vereinbar.

LAG Niedersachsen v. 22.10.2018 - 12 TaBV 23/18
Der Sachverhalt:
Die Arbeitgeberin betreibt mehrere medizinische Einrichtungen, insbesondere ein Gesundheitszentrums, in dem ein Betriebsrat gebildet ist.

Der Betriebsrat begehrte u.a. die Einsichtnahme in nichtanonymisierte Listen der Bruttolöhne und -gehälter, was die Arbeitgeberin ablehnte. Das Arbeitsgericht Hannover gab dem hiergegen gerichteten Antrag des Betriebsrats statt.

Die Arbeitgeberin erhob hiergegen Beschwerde zum Landesarbeitsgericht Niedersachen. Ihrer Ansicht nach kann der Betriebsrats seine Aufgaben gem. § 80 Abs. 1 BetrVG auch bei einem Einblick in anonymisierte Gehaltslisten erfüllen. Als Arbeitgeberin habe sie die Pflicht, das Recht auf informationelle Selbstbestimmung ihrer Arbeitnehmer zu schützen. Zudem sei der Betriebsrat datenschutzrechtlich nur dann ein "Nicht-Dritter", wenn er im Rahmen der ihm gesetzlich übertragenen Aufgaben agiert.

Das LAG folgte dieser Argumentation nicht, bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz und ließ die Rechtsbeschwerde zum BAG zu.

Die Gründe:
Die Arbeitgeberin ist gem. § 80 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 BetrVG verpflichtet, einem vom Betriebsrat zu benennenden Betriebsratsmitglied Einsicht in die nichtanonymisierten Listen der Bruttolöhne und -gehälter zu gewähren.

Der Betriebsrat muss kein besonderes Überwachungsbedürfnis darlegen, um eine Einsicht in nichtanonymisierte Listen zu erhalten. Der nötige Aufgabenbezug ist bereits durch seine Rechte und Pflichten aus § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG gegeben. Es würde die Überwachungstätigkeit zudem unzumutbar erschweren, erhielte er erst auf Verdachtsanzeige die volle Einsicht in die Listen.

Datenschutzrechtliche Vorschriften stehen dem Einblicksrecht des Betriebsrats in die Bruttoentgeltlisten nicht entgegen. Der Betriebsrat wird bei Einsicht in die Gehaltslisten i.S.v. § 26 Abs. 1 Satz 1 BDSG in Ausübung seiner Rechte und Pflichten als Interessenvertretung der Beschäftigten tätig.

Linkhinweis:
Für den auf den Webseiten des LAG Niedersachsen veröffentlichten Volltext des Beschlusses klicken Sie bitte hier.

Beschluss des LAG Niedersachsen v. 22.10.2018
Zurück