20.09.2012

Unterrichtung des Betriebsrats über Massenentlassungen muss nicht unbedingt unterschrieben sein

Es kann offenbleiben, ob die nach § 17 Abs. 2 Satz 1 KSchG erforderliche schriftliche Unterrichtung des Betriebsrats über die Gründe für eine geplante Massenentlassung der Schriftform i.S.v. § 126 BGB genügen muss. Ein etwaiger Schriftformverstoß wird jedenfalls geheilt, wenn der Arbeitgeber dem Betriebsrat entsprechende schriftliche - aber nicht unterschriebene - Angaben zuleitet und der Betriebsrat daraufhin eine abschließende Stellungnahme zu den Entlassungen abgibt.

BAG 20.9.2012, 6 AZR 155/11
Der Sachverhalt:
Nachdem über das Vermögen der Arbeitgeberin der Klägerin das Insolvenzverfahren eröffnet worden war, wurde der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt. Er schloss mit dem Gesamtbetriebsrat einen von beiden Seiten unterzeichneten Interessenausgleich mit Namensliste, der auch die nach § 17 Abs. 2 KSchG erforderlichen Angaben enthielt.

In dem Interessenausgleich erklärte der Gesamtbetriebsrat, dass er umfassend gem. § 17 Abs. 2 KSchG über die geplanten Massenentlassungen unterrichtet worden sei. Das LAG hat nicht festgestellt, dass der Interessenausgleich seitens des Beklagten vor der Unterzeichnung durch den Gesamtbetriebsratsvorsitzenden unterschrieben worden war.

Der Beklagte fügte seiner anschließenden Massenentlassungsanzeige den Interessenausgleich bei. Nach Eingang der Anzeige bei der Agentur für Arbeit kündigte er u.a. das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin am 16.10.2009 zum 31.1.2010. Mit ihrer hiergegen gerichteten Kündigungsschutzklage rügte die Klägerin, dass der Gesamtbetriebsrat nicht schriftformgerecht i.S.d. § 17 Abs. 2 Satz 1 KSchG unterrichtet worden sei; die Kündigung sei daher unwirksam.

Die Klage hatte in allen Instanzen keinen Erfolg.

Die Gründe:
Der Beklagte hat das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin wirksam gekündigt. Es liegt insbesondere kein Verstoß gegen § 17 Abs. 2 Satz 1 KSchG vor. Dabei kann offenbleiben, ob die Unterrichtung gem. § 17 Abs. 2 Satz 1 KSchG der Schriftform i.S.v. § 126 BGB bedarf, was das BAG bislang noch nicht entschieden hat. Denn ein etwaiger Schriftformmangel der Unterrichtung ist hier jedenfalls durch die abschließende Stellungnahme des Gesamtbetriebsrats im Interessenausgleich geheilt worden.

Für dieses Ergebnis spricht der Zweck des Unterrichtungserfordernisses, das die Richtlinienvorgabe in Art. 2 Abs. 3 Unterabs. 1 Buchst. b der Massenentlassungsrichtlinie 98/59/EG umsetzen soll. Die Arbeitnehmervertretung soll nach der Auslegung des EuGH konstruktive Vorschläge unterbreiten können, um die Massenentlassung zu verhindern oder einzuschränken. Diesem Zweck ist genügt, wenn die Arbeitnehmervertretung - wie hier - aufgrund schriftlich fixierter ausreichender Angaben des Arbeitgebers zu den geplanten Entlassungen eine abschließende Stellungnahme abgibt.

Linkhinweis:

  • Der Volltext der Entscheidung wird demnächst auf den Webseiten des BAG veröffentlicht.
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BAG PM Nr. 66 vom 20.9.2012
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