Urlaubsgewährung ohne Antrag: Kein Urlaubsanspruch während der Freistellungsphase in der Altersteilzeit
LAG Düsseldorf 13.7.2018, 6 Sa 272/18Der Kläger war bei der Beklagten als Head of Quality Escalator tätig. Ursprünglich bestand ein Vollzeitarbeitsverhältnis auf Basis einer 40-Stunden-Woche. Am 20.11.2014 schlossen die Parteien einen Altersteilzeit-Arbeitsvertrag. Dieser beinhaltete folgende Regelungen: Das Altersteilzeitverhältnis dauert vom 1.12.2014 bis zum 31.7.2017 an. Die Arbeitszeit beträgt 20 Stunden/Woche. Sie wird so verteilt, dass sie im ersten Abschnitt des Altersteilzeitverhältnisses vom 1.12.2014 bis zum 31.3.2016 voll geleistet wird (Arbeitsphase) und der Beschäftigte anschließend ab dem 1.4.2016 bis zum Ende des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses von der Arbeitsleistung freigestellt wird (Freistellungsphase).
Der anteilige Urlaubsanspruch des Beschäftigten richtet sich nach der geltenden Reglung von zurzeit 30 Arbeitstagen. Für das Jahr des Wechsels zwischen Arbeits- und Freistellungsphase wird der Urlaubsanspruch in der Arbeitsphase entsprechend der Dauer dieser Phase gewährt. Vor Eintritt in die Freistellungsphase sind die bis dahin erworbenen Urlaubsansprüche abzuwickeln. Mit der Freistellung gelten alle Urlaubsansprüche sowie sonstige Freistellungsansprüche als erfüllt.
Für das Kalenderjahr 2016 wurde dem Kläger in der Zeit bis zum 31.3.2016 acht Tage Urlaub gewährt. Der Kläger war der Ansicht, es seien für 2016 und 2017 auch während der Freistellungsphase Urlaubsansprüche entstanden. Da ihm der Urlaub nicht vollständig gewährt worden sei, habe eine Abgeltung zu erfolgen. Die Regelung des Altersteilzeitvertrags sei unwirksam. Er beantragte daher die Beklagte zu verurteilen, an ihn Schadensersatz für den nicht genommenen Urlaub in 2016 und 2017 zu zahlen. Die Klage hatte sowohl vor dem Arbeitsgericht als auch vor dem LAG keinen Erfolg. Die Revision wurde zugelassen.
Die Gründe:
Dem Kläger steht nicht gem. § 7 Abs. 4 S. 1 BUrlG ein Anspruch auf Abgeltung eines wegen eines Verfalls des Urlaubsanspruchs aus 2016 im Wege eines Schadensersatzanspruchs entstandenen Ersatzurlaubs zu. Die Voraussetzungen eines Schadensersatzes gem. § 275 Abs. 1 und Abs. 4, § 280 Abs. 1 und 3, § 283 S. 1, § 286 Abs. 1 S. 1, § 287 S. 2 und § 249 Abs. 1 BGB liegen nicht vor. Im Streitfall fehlt es schon an einer Pflichtverletzung der Beklagten, da der Kläger den Urlaub nicht rechtzeitig geltend gemacht hat. Nach ständiger BAG-Rechtsprechung ist ein Arbeitgeber nicht dazu verpflichtet, den Urlaub von sich aus festzulegen. Es bedarf zur Urlaubsgewährung der Beantragung durch den Arbeitnehmer. Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, die Urlaubswünsche zu erfragen, um den Urlaubszeitraum zu bestimmen. Würde man von der Antragserfordernis absehen, wäre kein Anwendungsbereich mehr für § 7 Abs. 3 S. 3 BUrlG ersichtlich. Das Unionsrecht schließt ein solches Antragserfordernis ebenso nicht aus.
Die Antragsstellung ist auch nicht entbehrlich, da die Beklagte vorher bereits deutlich gemacht hatte, da sie einem Urlaubsantrag des Klägers nicht stattgeben würde. Es ist nicht sicher, dass die Beklagte dem Kläger nicht doch Urlaub gewährt hätte, sofern er diesen beantragt und damit seine abweichende Auffassung zum Ausdruck gebracht hätte. Darüber hinaus fehlt es an der weiteren Voraussetzung eines Verschuldens der Beklagten für das Vorliegen eines Schadensersatzanspruchs. Es kann nicht als schuldhaft angesehen werden, wenn ein Arbeitgeber einer jahrzehntelangen Rechtsprechung zum Antragserfordernis folgt.
Schließlich hat der Kläger auch keinen Anspruch gem. § 7 Abs. 4 BUrlG auf Zahlung einer Urlaubsabgeltung für Urlaubsansprüche aus 2017. Die Freistellungsphase entspricht faktisch einer Teilzeit Null, da keinerlei Arbeitsleistung mehr zu erbringen ist. Aus dem Umrechnungsgrundsatz für Teilzeitarbeitsverhältnisse ergibt sich daher ein Urlaubsanspruch von null Tagen (30:5x0=0). Im ruhenden Arbeitsverhältnis findet diese Regelung deshalb keine Anwendung, weil dabei an sich eine Arbeitspflicht besteht, die lediglich ruht. Während der Freistellungphase bei der Alterszeit im Blockmodell besteht die Arbeitspflicht hingegen per se nicht mehr.
Ansonsten wäre ein etwaiger Urlaubsanspruch des Klägers für 2017 jedenfalls gem. § 362 Abs. 1 BGB durch Erfüllung erloschen. Die Parteien haben im Altersteilzeitvertrag vereinbart, dass mit der Freistellung alle Urlaubsansprüche als erfüllt gelten. Der Kläger wird auch nicht schlechter behandelt als andere Altersteilzeitbeschäftigte, die nicht das Blockmodell, sondern eine gleichmäßige Reduzierung der Arbeitszeit vereinbaren. Es handelt sich dabei um nicht vergleichbare Sachverhalte und im Gegenteil würde die Auffassung des Klägers zu einer Besserstellung der Arbeitsnehmer mit Altersteilzeit im Blockmodell führen.
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