Verdacht der Zugehörigkeit zu einer radikalislamischen Bewegung rechtfertigt nicht unbedingt eine Kündigung
LAG Niedersachsen 12.3.2018, 15 Sa 319/17Der Kläger war seit dem 1.9.2008 bei der beklagten Volkswagen AG als Montagewerker beschäftigt. Er war zur Kontrolle und Grenzfahndung ausgeschrieben, weil der Verdacht bestand, er wolle sich dem militanten "Jihad" anschließen. Eine am 28.12.2014 beabsichtigte Flugreise des Klägers nach Istanbul wurde deshalb von der Bundespolizei unterbunden. In der Folge wurde dem Kläger der Reisepass entzogen. Die hiergegen gerichtete Klage hatte vor dem Verwaltungsgericht keinen Erfolg (VG Braunschweig, Urt. v. 7.9.2016 - 5 A 99/15).
Die Beklagte kündigte in der Folge das Arbeitsverhältnis fristlos, hilfsweise fristgerecht, weil durch das Verhalten des Klägers der Betriebsfrieden und die Sicherheit im Unternehmen gefährdet seien. Im Januar dieses Jahres hat der Kläger einen neuen Reisepass ausgestellt erhalten.
Das Arbeitsgericht hat die Kündigungsschutzklage abgewiesen; das LAG hat ihr stattgegeben, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache allerdings die Revision zum BAG zugelassen.
Die Gründe:
Die Beklagte hat das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger nicht wirksam gekündigt.
Der bloße Verdacht einer Zugehörigkeit zur radikal militanten "Jihad-Bewegung" und der damit begründete präventive Entzug des Reisepasses sind als Grund für die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses nicht ohne weiteres ausreichend. Nur bei einer konkreten Störung des Arbeitsverhältnisses sind solche Umstände als Kündigungsgründe geeignet.
Die Beklagte hat eine solche konkrete Störung aber nicht aufgezeigt. Sie hat auch keinen dringenden Verdacht dargelegt, dass der Kläger den Frieden oder die Sicherheit im Betrieb stören könnte. Rein außerdienstliche Umstände können die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses weder fristlos noch fristgemäß rechtfertigen.