Versetzung von Nachtschicht in Wechselschicht erfordert kein betriebliches Eingliederungsmanagement
BAG 18.10.2017, 10 AZR 47/17Der Kläger ist bei der Beklagten als Maschinenbediener tätig. Seit 1994 leistete er zunächst Wechselschicht (Frühschicht/Spätschicht), seit 2005 wurde er fast ausschließlich in der Nachtschicht eingesetzt. In den Jahren 2013 und 2014 war der Kläger jeweils an 35 Arbeitstagen arbeitsunfähig erkrankt. Zwischen Dezember 2014 und Februar 2015 war er aufgrund einer suchtbedingten Therapiemaßnahme arbeitsunfähig. Danach wurde er wieder in der Nachtschicht beschäftigt. Im März 2015 fand ein sog. Krankenrückkehrgespräch statt, das von der Beklagten nicht als Maßnahme des betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM) beabsichtigt und/oder ausgestaltet war. Daraufhin ordnete die Beklagte an, dass der Kläger seine Arbeit zukünftig in Wechselschicht zu erbringen habe.
Der Kläger ist der Ansicht, die Anordnung sei bereits deshalb unwirksam, weil die Beklagte vor der Maßnahme kein BEM durchgeführt habe. Im Übrigen entspreche sie nicht billigem Ermessen i.S.v. § 106 GewO, § 315 BGB; seine Interessen an der Beibehaltung der Nachtschicht seien nicht hinreichend berücksichtigt worden. Die Beklagte meinte hingegen, eine Dauernachtschicht sei generell gesundheitlich belastender als jede andere Arbeitszeit. Deshalb habe sie mit der Versetzung prüfen dürfen, ob sich die gesundheitliche Situation des Klägers bei einem Einsatz in der Wechselschicht verbessere. Außerdem sei der Kläger bei Fehlzeiten in der Wechselschicht leichter ersetzbar als in der Nachtschicht.
Das Arbeitsgericht hat die auf Beschäftigung in der Nachtschicht gerichtete Klage abgewiesen; das LAG hat ihr stattgegeben. Auf die Revision der Beklagten hob das BAG das Berufungsurteil auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LAG zurück.
Die Gründe:
Die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements i.S.v. § 84 Abs. 2 SGB IX ist keine formelle Voraussetzung für die Wirksamkeit einer Versetzung. Dies gilt auch in den Fällen, in denen die Anordnung (auch) auf Gründe gestützt wird, die im Zusammenhang mit dem Gesundheitszustand des Arbeitnehmers stehen.
Maßgeblich ist vielmehr, ob die Weisung des Arbeitgebers insgesamt billigem Ermessen i.S.v. § 106 S. 1 GewO, § 315 Abs. 1 BGB entspricht. Dabei sind alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen. Mangels hinreichender Feststellungen der Vorinstanz zu diesen Umständen konnte der Senat nicht abschließend entscheiden. Dies führte zur Zurückverweisung der Sache an das LAG.
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