Voraussetzungen für Vergleichsmehrwert bei Vereinbarung zu Wettbewerbsverbot und Karenzentschädigung
LAG Berlin-Brandenburg v. 8.11.2024 - 26 Ta (Kost) 6051/24
Der Sachverhalt:
Die Beschwerdeführer vertraten den Kläger erstinstanzlich in einem Rechtsstreit, in dem dieser im Rahmen einer Stufenklage Auskunft/Buchauszug und Zahlung der sich daraus ergebenden Provisionen/Prämien beanspruchte. Darüber hinaus machte der Kläger sonstige Vergütung geltend. Am 27.6.2024 schlossen die Parteien einen Vergleich. Darin einigten sie sich u.a. auf Provisionszahlungen für die Zeit bis zum Ausscheiden des Klägers bei der Beklagten am 28.2.2025. Unter Nr. 4 des Vergleichs regelten sie darüber hinaus die Aufhebung des im Arbeitsvertrag vereinbarten Wettbewerbsverbots und das Entfallen einer Karenzentschädigung.
Das ArbG hat bei der Berechnung des Gegenstandswerts für den Vergleich wegen der Regelung unter Nr. 4 einen Mehrwert i.H.v. 13.500 €uro in Ansatz gebracht, was einer Karenzentschädigung für ein halbes Jahr entsprochen hätte. Im Ergebnis ergab sich für das Verfahren ein Betrag i.H.v. 83.553 € und für den Vergleich ein solcher i.H.v. 180.779 €.
Mit ihrer Beschwerde machen die Klägervertreter geltend, für die Regelung zur Aufhebung des nachvertraglichen Wettbewerbsverbots sei die für dessen Dauer zu zahlende Karenzentschädigung in Ansatz zu bringen. Die Arbeitgeberin habe auf die Aufhebung des Wettbewerbsverbots und den Wegfall der Karenzentschädigung bestanden. Die Karenzentschädigung hätte für einen Zeitraum von zwei Jahren 54.000 € betragen.
Das ArbG half der Beschwerde nicht ab. Vor dem LAG hatte sie ebenfalls keinen Erfolg.
Die Gründe:
Die im Vergleich unter Nr. 4 getroffene Vereinbarung über das Wettbewerbsverbot und die Karenzentschädigung hat jedenfalls keinen höheren als den durch das ArbG in Ansatz gebrachten Mehrwert ausgelöst.
Bei der Bemessung des Gegenstandswerts für eine Regelung zum vertraglich vereinbarten Wettbewerbsverbot ist auf die wirtschaftliche Bedeutung der Vereinbarung für die Parteien abzustellen. Welche wirtschaftliche Bedeutung die Aufhebung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots hat, hängt von der Interessenlage ab. Insoweit kann es darauf ankommen, ob Angebote anderer Arbeitgeber vorliegen, der Arbeitnehmer die Absicht hat, sich im Geschäftsbereich seines alten Arbeitgebers selbständig zu machen oder er eine Vertragsstrafe, die für den Fall von Wettbewerbsverstößen vereinbart ist, nicht verwirken will.
Gibt es derartige konkrete Anhaltspunkte für die Gegenstandswertberechnung nicht, verbleibt als Anhaltspunkt für die wirtschaftliche Bewertung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots die in §§ 74 ff. HGB enthaltene Regelung. Streiten die Parteien über die Gültigkeit eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots, ist für den Gegenstandswert deshalb die Höhe der vom Arbeitgeber im maßgeblichen Zeitraum zu zahlenden Entschädigung entscheidend. Bei einem unter zwei Jahren liegenden Anspruchszeitraum ist der Betrag entsprechend zu kürzen. Hat der Arbeitgeber von seinem Recht aus § 75a HGB Gebrauch gemacht, ist das ggf. hinsichtlich des insoweit maßgeblichen Zeitraums zu berücksichtigen.
Geht es um eine Aufhebung des Wettbewerbsverbots auf Initiative der Arbeitgeberseite, ist § 75a HGB ebenfalls zu beachten. Die Vorschrift ermöglicht es dem Arbeitgeber, vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch schriftliche Erklärung auf das Wettbewerbsverbot mit der Wirkung zu verzichten, dass er mit Ablauf eines Jahres seit der Erklärung ohnehin von der Verpflichtung zur Zahlung der Entschädigung frei wird. Je länger der Zeitraum zwischen Abschluss des Vergleichs und einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist, desto geringer sind daher die wirtschaftlichen Auswirkungen einer Vereinbarung über die Aufhebung des Wettbewerbsverbots und das Entfallen der Karenzentschädigung.
Dafür, dass vorliegend über die Wirksamkeit des Wettbewerbsverbots Streit oder Ungewissheit bestanden hätte, ergibt sich aus dem Vortrag in der Beschwerdebegründung nichts, auch nicht dazu, ob das für die Möglichkeiten der Beklagten von Relevanz gewesen wäre. Nach den Ausführungen der Klägervertreter in der Beschwerdebegründung ist die Aufhebung des Wettbewerbsverbots und das Entfallen der Verpflichtung zur Zahlung einer Karenzentschädigung auf Initiative der Beklagten vereinbart worden. Sollte danach hier überhaupt ein Vergleichsmehrwert für die Regelung zur Aufhebung des Wettbewerbsverbots und zum Entfallen der Karenzentschädigung anzusetzen sein, wäre insoweit allenfalls der Zeitraum vom 1.3.2025 bis zum 27.6.2025 zu berücksichtigen gewesen. Zum 27.6.2025 hätte die Arbeitgeberin sich am 27.6.2024 wegen § 75a HGB ohnehin von der Verpflichtung zur Zahlung der Karenzentschädigung befreien können. Der durch das ArbG in Ansatz gebrachte Betrag liegt darüber.
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Die Beschwerdeführer vertraten den Kläger erstinstanzlich in einem Rechtsstreit, in dem dieser im Rahmen einer Stufenklage Auskunft/Buchauszug und Zahlung der sich daraus ergebenden Provisionen/Prämien beanspruchte. Darüber hinaus machte der Kläger sonstige Vergütung geltend. Am 27.6.2024 schlossen die Parteien einen Vergleich. Darin einigten sie sich u.a. auf Provisionszahlungen für die Zeit bis zum Ausscheiden des Klägers bei der Beklagten am 28.2.2025. Unter Nr. 4 des Vergleichs regelten sie darüber hinaus die Aufhebung des im Arbeitsvertrag vereinbarten Wettbewerbsverbots und das Entfallen einer Karenzentschädigung.
Das ArbG hat bei der Berechnung des Gegenstandswerts für den Vergleich wegen der Regelung unter Nr. 4 einen Mehrwert i.H.v. 13.500 €uro in Ansatz gebracht, was einer Karenzentschädigung für ein halbes Jahr entsprochen hätte. Im Ergebnis ergab sich für das Verfahren ein Betrag i.H.v. 83.553 € und für den Vergleich ein solcher i.H.v. 180.779 €.
Mit ihrer Beschwerde machen die Klägervertreter geltend, für die Regelung zur Aufhebung des nachvertraglichen Wettbewerbsverbots sei die für dessen Dauer zu zahlende Karenzentschädigung in Ansatz zu bringen. Die Arbeitgeberin habe auf die Aufhebung des Wettbewerbsverbots und den Wegfall der Karenzentschädigung bestanden. Die Karenzentschädigung hätte für einen Zeitraum von zwei Jahren 54.000 € betragen.
Das ArbG half der Beschwerde nicht ab. Vor dem LAG hatte sie ebenfalls keinen Erfolg.
Die Gründe:
Die im Vergleich unter Nr. 4 getroffene Vereinbarung über das Wettbewerbsverbot und die Karenzentschädigung hat jedenfalls keinen höheren als den durch das ArbG in Ansatz gebrachten Mehrwert ausgelöst.
Bei der Bemessung des Gegenstandswerts für eine Regelung zum vertraglich vereinbarten Wettbewerbsverbot ist auf die wirtschaftliche Bedeutung der Vereinbarung für die Parteien abzustellen. Welche wirtschaftliche Bedeutung die Aufhebung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots hat, hängt von der Interessenlage ab. Insoweit kann es darauf ankommen, ob Angebote anderer Arbeitgeber vorliegen, der Arbeitnehmer die Absicht hat, sich im Geschäftsbereich seines alten Arbeitgebers selbständig zu machen oder er eine Vertragsstrafe, die für den Fall von Wettbewerbsverstößen vereinbart ist, nicht verwirken will.
Gibt es derartige konkrete Anhaltspunkte für die Gegenstandswertberechnung nicht, verbleibt als Anhaltspunkt für die wirtschaftliche Bewertung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots die in §§ 74 ff. HGB enthaltene Regelung. Streiten die Parteien über die Gültigkeit eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots, ist für den Gegenstandswert deshalb die Höhe der vom Arbeitgeber im maßgeblichen Zeitraum zu zahlenden Entschädigung entscheidend. Bei einem unter zwei Jahren liegenden Anspruchszeitraum ist der Betrag entsprechend zu kürzen. Hat der Arbeitgeber von seinem Recht aus § 75a HGB Gebrauch gemacht, ist das ggf. hinsichtlich des insoweit maßgeblichen Zeitraums zu berücksichtigen.
Geht es um eine Aufhebung des Wettbewerbsverbots auf Initiative der Arbeitgeberseite, ist § 75a HGB ebenfalls zu beachten. Die Vorschrift ermöglicht es dem Arbeitgeber, vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch schriftliche Erklärung auf das Wettbewerbsverbot mit der Wirkung zu verzichten, dass er mit Ablauf eines Jahres seit der Erklärung ohnehin von der Verpflichtung zur Zahlung der Entschädigung frei wird. Je länger der Zeitraum zwischen Abschluss des Vergleichs und einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist, desto geringer sind daher die wirtschaftlichen Auswirkungen einer Vereinbarung über die Aufhebung des Wettbewerbsverbots und das Entfallen der Karenzentschädigung.
Dafür, dass vorliegend über die Wirksamkeit des Wettbewerbsverbots Streit oder Ungewissheit bestanden hätte, ergibt sich aus dem Vortrag in der Beschwerdebegründung nichts, auch nicht dazu, ob das für die Möglichkeiten der Beklagten von Relevanz gewesen wäre. Nach den Ausführungen der Klägervertreter in der Beschwerdebegründung ist die Aufhebung des Wettbewerbsverbots und das Entfallen der Verpflichtung zur Zahlung einer Karenzentschädigung auf Initiative der Beklagten vereinbart worden. Sollte danach hier überhaupt ein Vergleichsmehrwert für die Regelung zur Aufhebung des Wettbewerbsverbots und zum Entfallen der Karenzentschädigung anzusetzen sein, wäre insoweit allenfalls der Zeitraum vom 1.3.2025 bis zum 27.6.2025 zu berücksichtigen gewesen. Zum 27.6.2025 hätte die Arbeitgeberin sich am 27.6.2024 wegen § 75a HGB ohnehin von der Verpflichtung zur Zahlung der Karenzentschädigung befreien können. Der durch das ArbG in Ansatz gebrachte Betrag liegt darüber.
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