Welche Unterlagen dürfen im Rahmen eines Konkurrentenstreitverfahrens an das zuständige Gericht übersendet werden?
VG Hannover v. 20.2.2023 - 10 A 1101/22
Der Sachverhalt:
Hintergrund des Rechtsstreits war ein in der Vergangenheit vor dem VG gegen die Universität geführtes Konkurrentenstreitverfahren, bei dem der damalige Antragsteller gerügt hatte, dass er im Rahmen eines Stellenbesetzungsverfahrens nicht ausgewählt worden war. Das VG hatte von der Universität ihren Auswahlvorgang angefordert und sodann antragsgemäß dem Prozessbevollmächtigten des Antragstellers zur Akteneinsicht übersandt. Auf diesem Wege hatte der Antragsteller Kenntnis von den Bewerbungsunterlagen seiner Mitkonkurrenten erlangt und diese hierüber informiert.
Eine seiner Mitbewerberinnen beschwerte sich deswegen bei der der Landesbeauftragten für Datenschutz (LfD), die dies zum Anlass nahm, ein datenschutzrechtliches Kontrollverfahren gegen die Universität einzuleiten. Ergebnis dieses Verfahrens ist die streitgegenständliche Verwarnung gewesen, welche die Beklagte damit begründete, dass die Universität sich nicht datenschutzrechtkonform verhalten habe. Vor Übersendung ihres Auswahlvorgangs an das Gericht habe dieser dahingehend überprüft werden müssen, ob wirklich alle in ihm enthaltenen Unterlagen entscheidungserheblich gewesen seien. Aktenbestandteile, welche die Konkurrenten betreffen, hätten entfernt, geschwärzt oder aber zumindest pseudonymisiert werden müssen.
Dieser Argumentation ist das VG nicht gefolgt und hat die Verfügung der Landesbeauftragten für Datenschutz aufgehoben.
Die Gründe:
Die Voraussetzungen einer datenschutzrechtlichen Verwarnung gemäß Art. 58 Abs. 2 Buchst. b DSGVO haben nicht vorgelegen, weil die Klägerin durch die Übersendung ihres Vorgangs zum Auswahlverfahren gegen keine datenschutzrechtlichen Bestimmungen verstoßen hat. Vielmehr ist sie zur Übersendung ihres gesamten ungeschwärzten Vorgangs gemäß § 99 Abs. 1 VwGO verpflichtet gewesen, nachdem das Gericht sie hierzu aufgefordert hatte. Gegenstand der Vorlage- und Auskunftspflicht im Sinne dieser Vorschrift sind alle Unterlagen, deren Inhalt für die gerichtliche Entscheidung relevant sind; sie sind grundsätzlich jeweils im Original zu übermitteln.
Eine Ausnahme hiervon ist lediglich möglich, wenn die offenzulegenden Informationen ihrem Wesen nach geheimhaltungsbedürftig sind. Die Relevanz des gesamten Vorgangs ist vorliegend gegeben, weil der anzulegende Bewertungsmaßstab des VG in einem Konkurrentenstreitverfahren insofern nicht allein ist, ob der Kläger im Konkurrentenstreitverfahren gegenüber der ausgewählten Person vorzuziehen gewesen wäre, sondern auch die Ordnungsmäßigkeit des Auswahlverfahrens insgesamt zu prüfen ist. Hierfür ist eine Sichtung des Auswahlvorgangs, der hier alle sonstigen Bewerberinnen und Bewerber samt ihrer Bewerbungsunterlagen umfasste, erforderlich.
Bei dem Auswahlvorgang hat es sich schließlich auch nicht um Informationen gehandelt, die ihrem Wesen nach geheimhaltungsbedürftig gewesen sind und deren Vorlage die Klägerin deswegen nach § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO hätte verweigern können. Bei den übersandten Dokumenten hat es sich gerade nicht um die Personalakten der jeweiligen Mitbewerberinnen und Mitbewerber gehandelt, sondern lediglich um den Auswahlvorgang, der die entsprechenden Bewerbungsunterlagen beinhaltet hat. Es handelt sich bei den hier offengelegten Informationen nicht um besonders sensible Daten. Zudem muss den Bewerberinnen und Bewerbern bewusst sein, dass diese Unterlagen von einem gewissen Personenkreis, der im Falle eines Konkurrentenstreitverfahrens ggf. größer werden kann, zur Kenntnis genommen werde.
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VG Hannover PM vom 20.2.2023
Hintergrund des Rechtsstreits war ein in der Vergangenheit vor dem VG gegen die Universität geführtes Konkurrentenstreitverfahren, bei dem der damalige Antragsteller gerügt hatte, dass er im Rahmen eines Stellenbesetzungsverfahrens nicht ausgewählt worden war. Das VG hatte von der Universität ihren Auswahlvorgang angefordert und sodann antragsgemäß dem Prozessbevollmächtigten des Antragstellers zur Akteneinsicht übersandt. Auf diesem Wege hatte der Antragsteller Kenntnis von den Bewerbungsunterlagen seiner Mitkonkurrenten erlangt und diese hierüber informiert.
Eine seiner Mitbewerberinnen beschwerte sich deswegen bei der der Landesbeauftragten für Datenschutz (LfD), die dies zum Anlass nahm, ein datenschutzrechtliches Kontrollverfahren gegen die Universität einzuleiten. Ergebnis dieses Verfahrens ist die streitgegenständliche Verwarnung gewesen, welche die Beklagte damit begründete, dass die Universität sich nicht datenschutzrechtkonform verhalten habe. Vor Übersendung ihres Auswahlvorgangs an das Gericht habe dieser dahingehend überprüft werden müssen, ob wirklich alle in ihm enthaltenen Unterlagen entscheidungserheblich gewesen seien. Aktenbestandteile, welche die Konkurrenten betreffen, hätten entfernt, geschwärzt oder aber zumindest pseudonymisiert werden müssen.
Dieser Argumentation ist das VG nicht gefolgt und hat die Verfügung der Landesbeauftragten für Datenschutz aufgehoben.
Die Gründe:
Die Voraussetzungen einer datenschutzrechtlichen Verwarnung gemäß Art. 58 Abs. 2 Buchst. b DSGVO haben nicht vorgelegen, weil die Klägerin durch die Übersendung ihres Vorgangs zum Auswahlverfahren gegen keine datenschutzrechtlichen Bestimmungen verstoßen hat. Vielmehr ist sie zur Übersendung ihres gesamten ungeschwärzten Vorgangs gemäß § 99 Abs. 1 VwGO verpflichtet gewesen, nachdem das Gericht sie hierzu aufgefordert hatte. Gegenstand der Vorlage- und Auskunftspflicht im Sinne dieser Vorschrift sind alle Unterlagen, deren Inhalt für die gerichtliche Entscheidung relevant sind; sie sind grundsätzlich jeweils im Original zu übermitteln.
Eine Ausnahme hiervon ist lediglich möglich, wenn die offenzulegenden Informationen ihrem Wesen nach geheimhaltungsbedürftig sind. Die Relevanz des gesamten Vorgangs ist vorliegend gegeben, weil der anzulegende Bewertungsmaßstab des VG in einem Konkurrentenstreitverfahren insofern nicht allein ist, ob der Kläger im Konkurrentenstreitverfahren gegenüber der ausgewählten Person vorzuziehen gewesen wäre, sondern auch die Ordnungsmäßigkeit des Auswahlverfahrens insgesamt zu prüfen ist. Hierfür ist eine Sichtung des Auswahlvorgangs, der hier alle sonstigen Bewerberinnen und Bewerber samt ihrer Bewerbungsunterlagen umfasste, erforderlich.
Bei dem Auswahlvorgang hat es sich schließlich auch nicht um Informationen gehandelt, die ihrem Wesen nach geheimhaltungsbedürftig gewesen sind und deren Vorlage die Klägerin deswegen nach § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO hätte verweigern können. Bei den übersandten Dokumenten hat es sich gerade nicht um die Personalakten der jeweiligen Mitbewerberinnen und Mitbewerber gehandelt, sondern lediglich um den Auswahlvorgang, der die entsprechenden Bewerbungsunterlagen beinhaltet hat. Es handelt sich bei den hier offengelegten Informationen nicht um besonders sensible Daten. Zudem muss den Bewerberinnen und Bewerbern bewusst sein, dass diese Unterlagen von einem gewissen Personenkreis, der im Falle eines Konkurrentenstreitverfahrens ggf. größer werden kann, zur Kenntnis genommen werde.
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