06.04.2022

Wie weit kann ein Tatsachengericht Bewerbungen für internationale Friedenseinsätze beurteilen?

Die Aufnahme bzw. der Verbleib im sog. Expertenpool des Zentrums für Internationale Friedenseinsätze (ZIF) setzen voraus, dass die Bewerberinnen und Bewerber für internationale Friedenseinsätze die Kriterien des vom ZIF erstellten Anforderungsprofils erfüllen. Hierzu gehört etwa "hervorragende soziale und interkulturelle Kompetenz". Ist das nicht (mehr) der Fall, besteht kein Anspruch auf Aufnahme bzw. Verbleib im Expertenpool.

BAG v. 6.4.2022 - 5 AZR 325/21
Der Sachverhalt:
Die Beklagte ist eine bundeseigene gemeinnützige Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Zu ihren Aufgaben gehört es, internationalen, supranationalen oder ausländischen staatlichen Einrichtungen ziviles Personal für internationale Friedenseinsätze und Wahlbeobachtungen vorzuschlagen. Zu diesem Zweck unterhält sie einen digitalen Expertenpool, der aktuell über 1.500 Profile von - potentiellen - Bewerberinnen und Bewerbern für unterschiedliche Tätigkeitsfelder in internationalen Friedenseinsätzen multilateraler Organisationen wie etwa der EU, den Vereinten Nationen, der OSZE oder der NATO umfasst.

Die Klägerin ist Volljuristin und hatte als solche bis 2018 in einem Unternehmen gearbeitet. Im April 2009 wurde sie in den Expertenpool der Beklagten aufgenommen und u.a.. als Kurzzeitwahlbeobachterin in Albanien und als Rechtsberaterin im Kosovo eingesetzt. Im Januar 2018 beendete die Beklagte die Mitgliedschaft der Klägerin im Expertenpool, nachdem es zu Unstimmigkeiten zwischen den Parteien gekommen war.

Die Klägerin begehrte daraufhin gerichtlich die Feststellung des Fortbestands ihrer Mitgliedschaft im Expertenpool der Beklagten, Zugang zu diesem und die Freischaltung ihres dort hinterlegten Profils. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das LAG hat nach eingehender Beweisaufnahme die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Auch ihre Revision vor dem BAG blieb erfolglos.

Die Gründe:
Die Beurteilung der Tatsachengerichte, eine Bewerberin oder ein Bewerber erfülle nicht bzw. nicht mehr alle Kriterien des Anforderungsprofils ist revisionsrechtlich zwar nur eingeschränkt überprüfbar. Das LAG hat sich allerdings in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise die Überzeugung gebildet, der Klägerin fehle die nach dem Anforderungsprofil für den Expertenpool verlangte "hervorragende soziale Kompetenz".

Diese Anforderung ist ein sachgerechtes, diskriminierungsfreies und nicht gegen sonstiges höherrangiges Recht verstoßendes Kriterium für eine Tätigkeit in internationalen Friedenseinsätzen und Wahlbeobachtungen. Weil es die Klägerin nicht mehr erfüllt, durfte die Beklagte sie aus dem Expertenpool ausschließen.

Einen Anspruch auf die - weitere - "Mitgliedschaft" im Expertenpool kann die Klägerin weder aus Art. 12 Abs. 1 GG noch aus einer vermeintlichen Monopolstellung der Beklagten herleiten. Ein darauf gestütztes "Recht auf Teilhabe" käme nur dann in Betracht, wenn die Klägerin das Anforderungsprofil der Beklagten für den Expertenpool in Gänze erfüllen würde. Das ist hier jedoch nicht der Fall.

Gleiches gilt, wenn man zugunsten der Klägerin unterstellt, Art. 33 Abs. 2 GG, nach dem alle Deutschen nach ihrer Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt haben, finde bezüglich der Aufnahme und dem Verbleib in dem von der Beklagten gebildeten Expertenpool Anwendung. Wenn Bewerberinnen und Bewerber das Anforderungsprofil nicht erfüllen, weil sie nicht über eine hervorragende soziale und interkulturelle Kompetenz verfügen, fehlt ihnen auch die von Art. 33 Abs. 2 GG geforderte Eignung.

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