Wiederholtes Sammeln von Pfandflaschen während der Arbeitszeit trotz Verbots vom Arbeitgeber kann fristlose Kündigung rechtfertigen
BAG 23.8.2018, 2 AZR 235/18Die Beklagte führt für die F AG u.a. die Reinigung der Flughafengebäude F aus. Die Klägerin war bei ihr seit 1989 zuletzt als Reinigungskraft in der Nachtschicht beschäftigt. Die Muttersprache der Klägerin ist Griechisch. Es bestand ein Verbot, auf dem Geländer der F AG vor, während und nach der Arbeit Pfandflaschen zu sammeln, um sie dann eigennützig durch Einlösung des Pfands für sich zu verwerten. Dieses Verbot war Gegenstand eines von der Beklagten für ihre Mitarbeiter in deutscher und griechischer Sprache erstellten und der Klägerin bekannten Informationsblatts.
Ende 2011 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien, da die Klägerin verbotswidrig Pfandflaschen im Flughafenbereich gesammelt hatte. Im Rahmen eines Vergleichs einigten sich die Parteien jedoch auf den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses. Ende Januar 2014, Mitte April 2015, Ende Oktober 2015 und Mitte Mai 2016 sammelte die Klägerin erneut Pfandgut auf dem Flughafengelände, jedenfalls in den letzten beiden Fällen während ihrer Arbeitszeit. Die Beklagte mahnte sie deshalb jeweils ab. Am 5.6.2016 fand der Sicherheitsdienst des Flughafens bei der Ausgangskontrolle erneut eine Vielzahl von Pfandflaschen in der Handtasche der Klägerin sowie in einem Stoffbeutel und einer Plastiktüte der Klägerin.
Nach Anhörung des Betriebsrats kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien außerordentlich fristlos, hilfsweise ordentlich. Die Klägerin ist der Auffassung, die Beklagte habe keine zulässige Regelung über das Sammeln von Pfandgut getroffen. Sie sei zudem mangels Betriebsratszustimmung unwirksam. Die Abmahnungen seien zu Unrecht und nur in deutscher Sprache erteilt worden. Ihre erhobene Klage hatte in allen drei Instanzen keinen Erfolg.
Die Gründe:
Das der Klägerin vorgeworfene Verhalten ist an sich geeignet, einen wichtigen Grund i.S.d. § 626 BGB darzustellen. Ein nachhaltiger Verstoß gegen berechtigte Weisungen des Arbeitgebers ist eine Vertragspflichtverletzung, die grundsätzlich eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen vermag. Die Klägerin hat ihre arbeitsvertraglichen Pflichten im Streitfall erheblich verletzt, indem sie beharrlich während der Arbeitszeit auf dem Flughafengelände für eigene Zwecke sammelte. Dies hatte ihr die Beklagte in Ausübung des arbeitgeberseitigen Direktionsrechts unter Wahrung billigen Ermessens gem. § 106 GewO, § 315 BGB wirksam untersagt. Die Klägerin handelte entgegen der wirksamen Weisung der Beklagten und damit pflichtwidrig. Die Weisung der Beklagten ist jedenfalls wirksam, soweit sie sich auf das Sammeln während der Arbeitszeit bezieht. Sie entsprach insofern billigem Ermessen i.S.v. § 325 BGB, weil sie den Inhalt der von der Klägerin während der Arbeitszeit geschuldeten Reinigungsleistung konkretisierte, ohne dass dem beachtliche Interessen der Klägerin entgegenstanden.
Die Beklagte ist nicht gehalten, der Klägerin neben der geschuldeten Reinigungsdienstleistung eine weitere Erwerbsquelle durch das Sammeln von Pfandflaschen während der Arbeitszeit zu eröffnen. Sie hat ein berechtigtes Interesse daran, dass ihre Arbeitnehmer während der Arbeitszeit keine Pfandflaschen einsammeln. Der Arbeitnehmer hat hingegen während seiner Arbeitszeit seine Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen und dadurch bedingte Einschränkungen seiner privaten Lebensführung hinzunehmen. Ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 NR. 1 BetrVG bestand jedenfalls insoweit, wie das Verbot das Verhalten der Klägerin während der Arbeitszeit betraf, schon deshalb nicht, da die Weisung das mitbestimmungsfreie Arbeitsverhalten der Reinigungskräfte zum Gegenstand hatte und nicht Fragen zur Ordnung des Betriebs. Der Zweck die Arbeitsleistung und den Bereich mit der Regelung zu konkretisieren überwiegt, so dass die Regelung nicht der Mitbestimmung unterlag.
Zudem hat die Klägerin ihre Pflicht bewusst und nachhaltig und damit beharrlich verletzt. Die Klägerin hat mehrfach auch noch nach Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nach der Kündigung Ende 2011 wegen Sammelns von Pfandgut und nach wiederholter Abmahnung sowie unter Hinweis auf das bestehende Verbot in griechischer Sprache während ihrer Arbeit Pfandflaschen gesammelt. Daher ist der Beklagten eine Weiterbeschäftigung der Klägerin jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist auch nicht zumutbar. Ein milderes Mittel wie die Abmahnung hatte keinen Erfolg. Der Umstand, dass es sich bei dem Gegenständen um solche geringen Werts handelt, ist für die Beurteilung von keiner Bedeutung, da der Verstoß gegen die vertragliche Pflicht und damit einhergehende Vertrauensbrauch entscheidend sind.
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