Zum Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt ("equal pay")
BAG 28.5.2014, 5 AZR 422/12Der Kläger war von Juni 2009 bis August 2010 als Leiharbeitnehmer bei der Beklagten, einem Unternehmen für Personaldienstleistung, beschäftigt. Dem Arbeitsverhältnis lag ein von der Beklagten gestellter Formulararbeitsvertrag zugrunde, in dem u.a. geregelt war:
"Die Rechte und Pflichten der Parteien dieses Arbeitsvertrages bestimmen sich ab dem 2.6.2009 nach den zwischen der AMP und der Tarifgemeinschaft des CGZP geschlossenen Tarifverträgen, bestehend aus Mantel-, Entgeltrahmen-, Entgelt- und Beschäftigungssicherungstarifvertrag in ihrer jeweils gültigen Fassung. Dies gilt auch, wenn der Arbeitnehmer nicht Mitglied der Mitgliedsgewerkschaft der in S. 1 genannten Tarifgemeinschaft ist."
Die Beklagte zahlte dem Kläger einen Bruttostundenlohn i.H.v. 7,35 €. Dieser wurde ausschließlich bei einer niederländischen Firma eingesetzt. Später behauptete der Kläger, vergleichbare in der Abteilung Zerlegung eingesetzte Stammarbeitnehmer der Entleiherin hätten je Arbeitsstunde 12,00 € brutto erhalten. Er verwies dabei auf mehrere von der Entleiherin erteilte Abrechnungen verschiedener Stammarbeitnehmer. Infolgedessen verlangte der Kläger von der Beklagten eine Nachzahlung von rund 9.980 €.
Das ArbG wies die Klage ab; das LAG gab ihr i.H. eines Teilbetrags von 6.257 € brutto statt. Die hiergegen gerichtete Revision der Beklagten blieb vor dem BAG erfolglos.
Die Gründe:
Auf das Arbeitsverhältnis fand - auch während der Einsätze des Klägers in den Niederlanden - deutsches Arbeitsrecht Anwendung, da die Parteien die Anwendung deutschen Rechts vereinbart hatten.
Der Kläger hat nach § 10 Abs. 4 AÜG für die Zeit der Überlassung von Juni 2009 bis Juli 2010 Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt, wie es die Entleiherin ihren Stammarbeitnehmern gewährte. Das AÜG gilt zwar ausschließlich im Geltungsbereich des GG für die Bundesrepublik Deutschland, verpflichtet aber in diesem räumlichen Geltungsbereich ansässige Verleihunternehmer zur Gewährung gleichen Entgelts, wenn auf das Arbeitsverhältnis -wie hier - deutsches Recht Anwendung findet. Eine nach § 9 Nr. 2 AÜG zur Abweichung vom Gebot der Gleichbehandlung berechtigende Vereinbarung hatten die Parteien nicht getroffen.
Der Arbeitsvertrag verwies zwar auf wegen der fehlenden Tariffähigkeit der CGZP unwirksame Tarifverträge. Die vom Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister e.V. (AMP) mit der CGZP und einer Reihe von christlichen Arbeitnehmervereinigungen geschlossenen Tarifverträge waren aber nicht wirksam in Bezug genommen worden, denn es fehlte bereits die für eine Bezugnahme auf einen mehrgliedrigen Tarifvertrag unverzichtbare Kollisionsregel. Insofern war die AGB-Klausel intransparent und nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB unwirksam.
Demgegenüber war ein etwaiges Vertrauen der Beklagten in die Tariffähigkeit der CGZP nicht geschützt. Weder das BAG noch Instanzgerichte haben die Tariffähigkeit der CGZP festgestellt. Die bloße Erwartung, das BAG werde eine von ihm noch nicht geklärte Rechtsfrage in einem bestimmten Sinne, etwa entsprechend im Schrifttum geäußerter Auffassungen, entscheiden, vermag keinen Vertrauenstatbestand begründen. Auch ein aufgrund des Verhaltens der Bundesagentur für Arbeit oder sonstiger Stellen entwickeltes Vertrauen in die Tariffähigkeit der CGZP ist nicht geschützt. Hat ein Verleiher gleichwohl zur Vermeidung einer Gleichbehandlung von der CGZP abgeschlossene Tarifverträge vereinbart, bevor die dazu allein berufenen Gerichte für Arbeitssachen über deren Tariffähigkeit befunden hatten, ist er ein Risiko eingegangen, das sich durch die rechtskräftigen Entscheidungen zur fehlenden Tariffähigkeit der CGZP realisiert hat.
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