28.04.2021

Zur Abberufung eines Datenschutzbeauftragten

Das BAG hat ein Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH gerichtet, um die Frage zu klären, ob die Anforderungen des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) an die Abberufung eines betrieblichen Datenschutzbeauftragten im Einklang mit der europäischen Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) stehen.

BAG v. 27.4.2021 - 9 AZR 383/19 (A)
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist der von der Arbeit teilweise freigestellte Vorsitzende des bei der Beklagten gebildeten Betriebsrats. Mit Wirkung zum 1.6.2015 wurde er zusätzlich zum betrieblichen Datenschutzbeauftragten der Beklagten und - parallel dazu - drei weiterer Konzernunternehmen bestellt. Die Beklagte berief den Kläger (ebenso wie die drei weiteren Konzernunternehmen) mit Schreiben vom 1.12.2017 und - nach Inkrafttreten der DSGVO - mit weiterem Schreiben vom 25.5.2018 als Datenschutzbeauftragten ab.

Mit seiner Klage macht der Kläger geltend, seine Rechtsstellung als Datenschutzbeauftragter bestehe unverändert fort. Die Beklagte vertritt die Auffassung, es drohten Interessenkonflikte, wenn der Kläger zugleich Datenschutzbeauftragter und Betriebsratsvorsitzender sei. Dies führe zu einer Unvereinbarkeit beider Ämter, die einen wichtigen Grund zur Abberufung des Klägers darstelle.

ArbG und LAG gaben der Klage statt. Hiergegen richtet sich die Revision der Beklagten. Das BAG hat das Verfahren ausgesetzt und dem EuGH Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt.

Die Gründe:
Für die Entscheidung, ob die Beklagte den Kläger wirksam von seinem Amt als betrieblicher Datenschutzbeauftragter abberufen hat, kommt es auf die Auslegung von Unionsrecht an, die dem EuGH vorbehalten ist.

Das nationale Datenschutzrecht regelt in § 38 Abs. 2 i.V.m. § 6 Abs. 4 Satz 1 BDSG, dass für die Abberufung eines betrieblichen Datenschutzbeauftragten ein wichtiger Grund i.S.v. § 626 BGB vorliegen muss. Damit knüpft es die Abberufung eines Datenschutzbeauftragten an strengere Voraussetzungen als das Unionsrecht, nach dessen Art. 38 Abs. 3 Satz 2 DSGVO die Abberufung lediglich dann nicht gestattet ist, wenn sie wegen der Aufgabenerfüllung des Datenschutzbeauftragten vorgenommen wird. Einen wichtigen Grund zur Abberufung verlangt das europäische Recht nicht.

Das BAG hält unter Zugrundelegung der bisherigen Rechtsprechung vorliegend keinen wichtigen Abberufungsgrund für gegeben. Deshalb hat er sich nach Art. 267 AEUV mit der Frage an den EuGH gewandt, ob neben der Regelung in Art. 38 Abs. 3 Satz 2 DSGVO mitgliedstaatliche Normen anwendbar sind, die - wie § 38 Abs. 2 iVm. § 6 Abs. 4 Satz 1 BDSG - die Möglichkeit der Abberufung eines Datenschutzbeauftragten gegenüber den unionsrechtlichen Regelungen einschränken.

Sollte der EuGH die Anforderungen des BDSG an eine Abberufung für unionsrechtskonform erachten, hält der Senat es zudem für klärungsbedürftig, ob die Ämter des Betriebsratsvorsitzenden und des Datenschutzbeauftragten in einem Betrieb in Personalunion ausgeübt werden dürfen oder ob dies zu einem Interessenkonflikt i.S.v. Art. 38 Abs. 6 Satz 2 DSGVO führt.

BAG PM Nr. 9 vom 27.4.2021
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