Zur Abberufung eines Datenschutzbeauftragten
EuGH v. 9.2.2023 - C-453/21 u.a.
Der Sachverhalt:
Das BAG hat in zwei Verfahren darüber zu entscheiden, ob der betriebliche Datenschutzbeauftragte rechtmäßig abberufen wurde.
In dem einen Fall (C-453/21) begründet das Unternehmen die Abberufung damit, dass der Betreffende zugleich Betriebsratsvorsitzender sei und die beiden Ämter aufgrund möglicher Interessenkonflikte nicht miteinander vereinbar seien. In dem anderen Verfahren (C-560/21) berief ein kommunaler Zweckverband einen Mitarbeiter als Datenschutzbeauftragten mit der Begründung ab, dass zwischen seiner Tätigkeit als Datenschutzbeauftragter und seiner sonstigen beruflichen Tätigkeit ein Interessenkonflikt bestehe. Der Betroffene macht geltend, dass es an einem wichtigen Grund fehle, der seine Abberufung rechtfertigen könne.
Das BAG hat die Verfahren ausgesetzt und dem EuGH Fragen zur Vorabentscheidung hinsichtlich der Auslegung der DSGVO vorgelegt. Es möchte insbesondere wissen, ob die DSGVO einer nationalen Regelung entgegensteht, die die Abberufung eines Datenschutzbeauftragten strengeren Voraussetzungen unterwerfe, als sie im Unionsrecht vorgesehen seien. Die DSGVO verbietet die Abberufung eines Datenschutzbeauftragten aus Gründen, die sich auf die Erfüllung seiner Aufgaben beziehen. Nach dem deutschen BDSG hingegen ist die Abberufung des Datenschutzbeauftragten nur aus wichtigem Grund zulässig.
Die Gründe:
Art. 38 Abs. 3 Satz 2 DSGVO ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung nicht entgegensteht, nach der ein bei einem Verantwortlichen oder einem Auftragsverarbeiter beschäftigter Datenschutzbeauftragter nur aus wichtigem Grund abberufen werden kann, auch wenn die Abberufung nicht mit der Erfüllung seiner Aufgaben zusammenhängt, sofern diese Regelung die Verwirklichung der Ziele dieser Verordnung nicht beeinträchtigt. Ein strengerer Schutz würde die Verwirklichung der Ziele der DSGVO beeinträchtigen, wenn dieser Schutz jede durch einen Verantwortlichen oder einen Auftragsverarbeiter ausgesprochene Abberufung eines Datenschutzbeauftragten verböte, der nicht mehr die für die Erfüllung seiner Aufgaben erforderliche berufliche Qualifikation besitzt oder seine Aufgaben nicht im Einklang mit der DSGVO erfüllt.
Art. 38 Abs. 6 DSGVO ist dahin auszulegen, dass ein "Interessenkonflikt" im Sinne dieser Bestimmung bestehen kann, wenn einem Datenschutzbeauftragten andere Aufgaben oder Pflichten übertragen werden, die ihn dazu veranlassen würden, die Zwecke und Mittel der Verarbeitung personenbezogener Daten bei dem Verantwortlichen oder seinem Auftragsverarbeiter festzulegen. Ob dies der Fall ist, muss das nationale Gericht im Einzelfall auf der Grundlage einer Würdigung aller relevanten Umstände, insbesondere der Organisationsstruktur des Verantwortlichen oder seines Auftragsverarbeiters, und im Licht aller anwendbaren Rechtsvorschriften, einschließlich etwaiger interner Vorschriften des Verantwortlichen oder des Auftragsverarbeiters, feststellen.
Mehr zum Thema:
Aufsatz:
Datenschutzrechtliche Herausforderungen bei der Anhörung zur Verdachtskündigung
Johannes Schipp, ArbRB 2023, 47
Rechtsprechung:
Vereinbarkeit des Sonderkündigungsschutzes von Datenschutzbeauftragten mit Unionsrecht
EuGH vom 22.06.2022 - C-534/20
Martin Reufels / Laura Pütz, ArbRB 2022, 227
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Das BAG hat in zwei Verfahren darüber zu entscheiden, ob der betriebliche Datenschutzbeauftragte rechtmäßig abberufen wurde.
In dem einen Fall (C-453/21) begründet das Unternehmen die Abberufung damit, dass der Betreffende zugleich Betriebsratsvorsitzender sei und die beiden Ämter aufgrund möglicher Interessenkonflikte nicht miteinander vereinbar seien. In dem anderen Verfahren (C-560/21) berief ein kommunaler Zweckverband einen Mitarbeiter als Datenschutzbeauftragten mit der Begründung ab, dass zwischen seiner Tätigkeit als Datenschutzbeauftragter und seiner sonstigen beruflichen Tätigkeit ein Interessenkonflikt bestehe. Der Betroffene macht geltend, dass es an einem wichtigen Grund fehle, der seine Abberufung rechtfertigen könne.
Das BAG hat die Verfahren ausgesetzt und dem EuGH Fragen zur Vorabentscheidung hinsichtlich der Auslegung der DSGVO vorgelegt. Es möchte insbesondere wissen, ob die DSGVO einer nationalen Regelung entgegensteht, die die Abberufung eines Datenschutzbeauftragten strengeren Voraussetzungen unterwerfe, als sie im Unionsrecht vorgesehen seien. Die DSGVO verbietet die Abberufung eines Datenschutzbeauftragten aus Gründen, die sich auf die Erfüllung seiner Aufgaben beziehen. Nach dem deutschen BDSG hingegen ist die Abberufung des Datenschutzbeauftragten nur aus wichtigem Grund zulässig.
Die Gründe:
Art. 38 Abs. 3 Satz 2 DSGVO ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung nicht entgegensteht, nach der ein bei einem Verantwortlichen oder einem Auftragsverarbeiter beschäftigter Datenschutzbeauftragter nur aus wichtigem Grund abberufen werden kann, auch wenn die Abberufung nicht mit der Erfüllung seiner Aufgaben zusammenhängt, sofern diese Regelung die Verwirklichung der Ziele dieser Verordnung nicht beeinträchtigt. Ein strengerer Schutz würde die Verwirklichung der Ziele der DSGVO beeinträchtigen, wenn dieser Schutz jede durch einen Verantwortlichen oder einen Auftragsverarbeiter ausgesprochene Abberufung eines Datenschutzbeauftragten verböte, der nicht mehr die für die Erfüllung seiner Aufgaben erforderliche berufliche Qualifikation besitzt oder seine Aufgaben nicht im Einklang mit der DSGVO erfüllt.
Art. 38 Abs. 6 DSGVO ist dahin auszulegen, dass ein "Interessenkonflikt" im Sinne dieser Bestimmung bestehen kann, wenn einem Datenschutzbeauftragten andere Aufgaben oder Pflichten übertragen werden, die ihn dazu veranlassen würden, die Zwecke und Mittel der Verarbeitung personenbezogener Daten bei dem Verantwortlichen oder seinem Auftragsverarbeiter festzulegen. Ob dies der Fall ist, muss das nationale Gericht im Einzelfall auf der Grundlage einer Würdigung aller relevanten Umstände, insbesondere der Organisationsstruktur des Verantwortlichen oder seines Auftragsverarbeiters, und im Licht aller anwendbaren Rechtsvorschriften, einschließlich etwaiger interner Vorschriften des Verantwortlichen oder des Auftragsverarbeiters, feststellen.
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