16.10.2018

Zur Haftung des Betriebserwerbers in der Insolvenz

Der Dritte Senat des BAG hat den EuGH in zwei Verfahren um eine Vorabentscheidung zur Auslegung von Art. 3 Abs. 4 und Art. 5 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2001/23/EG sowie zur Auslegung und unmittelbaren Geltung von Art. 8 der Richtlinie 2008/94/EG ersucht. Hintergrund der Vorlagen ist die Frage der Haftung des Betriebserwerbers in der Insolvenz.

BAG 16.10.2018, 3 AZR 139/17 (A) u.a.
Der Sachverhalt:

Den Klägern in den beiden Verfahren (3 AZR 139/17 (A) und 3 AZR 878/17 (A) ) wurden Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zugesagt. Nach der Versorgungsordnung berechnet sich ihre Betriebsrente nach der Anzahl der Dienstjahre und dem - zu einem bestimmten Stichtag vor dem Ausscheiden - erzielten Gehalt. Über das Vermögen ihrer Arbeitgeberin wurde im März 2009 das Insolvenzverfahren eröffnet. Im April 2009 ging der Betrieb aufgrund eines Betriebsübergangs auf die Beklagte über.

Ein Kläger erhält seit August 2015 von der Beklagten eine Betriebsrente i.H.v. rd. 145 € und vom Pensions-Sicherungs-Verein (PSV) - dem gesetzlich bestimmten Träger der Insolvenzsicherung - eine Altersrente i.H.v. rd. 820 €. Bei deren Berechnung legte der PSV - wie im BetrAVG vorgesehen - das zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens maßgebliche Gehalt des Klägers zugrunde. Der Kläger hält die Beklagte für verpflichtet, ihm eine höhere Betriebsrente zu gewähren; diese müsse sich nach den Bestimmungen der Versorgungsordnung auf der Basis des zum Stichtag vor dem Versorgungsfall bezogenen Gehalts unter bloßem Abzug des Betrags errechnen, den er vom PSV erhalte.

Der andere Kläger verfügte bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch nicht über eine gesetzlich unverfallbare Anwartschaft. Daher steht ihm bei Eintritt eines Versorgungsfalls nach dem BetrAVG kein Anspruch gegen den PSV zu. Er hält die Beklagte für verpflichtet, ihm künftig eine Betriebsrente in voller Höhe zu gewähren.

Das BAG setzte die Verfahren aus und legte dem EuGH im Wege des Vorabentscheidungsersuchens Fragen zur Auslegung von Art. 3 Abs. 4 und Art. 5 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2001/23/EG sowie zur Auslegung und unmittelbaren Geltung von Art. 8 der Richtlinie 2008/94/EG vor.

Die Gründe:

Nach der derzeitigen - im Hinblick auf die besonderen Verteilungsgrundsätze des Insolvenzrechts einschränkenden - Auslegung von § 613a Abs. 1 BGB durch die deutschen Arbeitsgerichte würden die Kläger mit ihren Klagebegehren nicht durchdringen.

Der Senat möchte daher vom EuGH wissen, ob eine solche einschränkende Geltung von § 613a Abs. 1 BGB im Fall eines Betriebsübergangs im Insolvenzverfahren mit Art. 3 Abs. 4, Art. 5 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2001/23/EG im Einklang steht und ob ggf. Art. 8 der Richtlinie 2008/94/EG vorliegend unmittelbare Geltung entfaltet und sich der Arbeitnehmer deshalb auch gegenüber dem PSV auf diesen berufen kann.

Linkhinweis:

  • Der Volltext der Entscheidung wird demnächst auf den Webseiten des BAG veröffentlicht.
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BAG PM Nr. 50 vom 16.10.2018
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