Keine Ermäßigung von Notargebühren für gemeinnützige Einrichtungen
BGH 19.6.2013, V ZB 130/12Der Kostengläubiger ist Notar und hatte im November 2011 einen Grundstückskaufvertrag für die Kostenschuldnerin beurkundet. Bei dieser handelt es sich um eine gemeinnützige Stiftung, die ihrer Satzung zufolge die Förderung des Naturschutzes in Hamburg mit dem Schwerpunkt auf Naturschutzmaßnahmen im Naturraum der Tideelbe und außerhalb von Naturschutzgebieten bezweckt. In seiner Kostenrechnung setzte der Notar unter Zugrundelegung eines Geschäftswerts von 548.945 € u.a. eine doppelte Gebühr nach § 36 Abs. 2 KostO an, auf die ein Betrag i.H.v. 1.764 € entfiel.
Der Antrag der Kostenschuldnerin auf gerichtliche Entscheidung, mit dem sie eine Gebührenermäßigung gem. § 144 Abs. 1 u. 2 KostO erreichen wollte, blieb in den Vorinstanzen erfolglos. Gleiches galt für die zugelassene Rechtsbeschwerde vor dem BGH.
Gründe:
Eine Gebührenermäßigung nach § 144 Abs. 2 i.V.m. § 144 Abs. 1 KostO schied aus, da die Kostenschuldnerin weder mildtätige noch kirchliche Zwecke verfolgt.
Auch eine analoge Anwendung der Vorschrift für gemeinnützige Einrichtungen kam nicht in Betracht, weil es an einer Regelungslücke fehlt. Der Gesetzgeber hat den Anwendungsbereich des § 144 Abs. 2 KostO bewusst eng begrenzt. Dass er bei seiner Verweisung auf Bestimmungen der AO die naheliegende Möglichkeit der Erstreckung auf gemeinnützige Einrichtungen übersehen hatte, erschien ausgeschlossen. Die Entstehungsgeschichte der Norm bestätigt diese Auslegung.
§ 144 Abs. 2 KostO ist auch mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar; eine Aussetzung des Verfahrens und Vorlage an das BVerfG kam nicht in Betracht. Im Bereich der Notargebühren darf der Gesetzgeber die ausschließliche Verfolgung von mildtätigen oder kirchlichen Zwecken gegenüber der Verfolgung gemeinnütziger Zwecke privilegieren. Während der Staat auf eigene Einnahmen verzichtet, wenn er steuerrechtliche Privilegien gewährt, verpflichten Gebührenermäßigungsvorschriften Notare dazu, berufliche Leistungen für ein Entgelt zu erbringen, das erheblich unter den Regelgebühren liegt. Derartige Normen sind verfassungsrechtlich als Berufsausübungsregelungen i.S.v. Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG zu beurteilen und bedürfen einer besonderen Rechtfertigung.
Demgegenüber handelt es sich auf Seiten der Kostenschuldner um eine relativ geringfügige finanzielle Erleichterung, die in aller Regel nicht von existentiellem Gewicht ist. Aus diesem Grund muss der Gesetzgeber bei der Auswahl der begünstigten Kostenschuldner lediglich das Verbot willkürlicher Ungleichbehandlung beachten. Gemessen daran war die durch § 144 Abs. 2 KostO getroffene Auswahl der privilegierten Zwecke nicht zu beanstanden. Zwar betreffen auch die als gemeinnützig eingestuften Zwecke im Allgemeinen wichtige staatliche Aufgaben; dabei geht es aber auch und vor allem um eine qualitative Ergänzung und Bereicherung des staatlichen Leistungsangebots in höchst unterschiedlichen und breit gefächerten Bereichen.
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