Zur Verjährung der Notarhaftung
BGH 11.9.2014, III ZR 217/13Der Kläger und sein Bruder waren im Wege der Übereignung durch ihren Vater Eigentümer eines Grundbesitzes geworden. Dieser war mit mehreren Grundpfandrechten belastet. Die Beiden beabsichtigten im Jahr 2005, noch zu vermessende Grundstücksteilflächen an verschiedene Käufer zu veräußern und einen Teil des Grundbesitzes für sich zu behalten, um ihn später selbst zu bebauen. Im August 2005 beurkundete der beklagte Notar einen Vertrag über den Verkauf von drei noch zu vermessenden Teilflächen des Grundbesitzes an dritte Käufer. Infolge einer umfassenden Löschungsbewilligung des Klägers sowie seines Bruders und der beschränkten Pfandfreigabe der Rechtsanwältin der Kaufvertragsparteien rückte das Grundpfandrecht für den nicht veräußerten Teil des Grundbesitzes an den ersten Rang. Aus dem Grundpfandrecht wird derzeit im Wege der Zwangsversteigerung in den Grundbesitz vollstreckt.
Der Kläger machte im November 2011 geltend, dass der Beklagte seine Pflicht verletzt hätte, ihn und den Zedenten über die Möglichkeit einer nur teilweisen Löschung der Grundpfandrechte (im Wege einer auf die veräußerten Teile des Grundbesitzes beschränkten Pfandfreigabe) zu belehren. Von der eingeschränkten Löschungsbewilligung der Rechtsanwältin hätten der Kläger und sein Bruder nichts erfahren. Gleiches gelte für ihren Vater, der im Übrigen auch nicht ihr Verhandlungsführer gewesen sei und dessen Kenntnis sie sich daher auch nicht zurechnen lassen müssten.
Der Beklagte stellte seine Passivlegitimation in Abrede. Er verneinte zudem eine Pflichtverletzung und wies darauf hin, dass der Kläger und sein Bruder bereits durch die Übersendung der Eintragungsbenachrichtigungen vom Fortbestand der Grundschuld auf dem zurückbehaltenen Grundstücksteil Kenntnis erlangt hätten. Auf den Schadensersatzanspruch des Klägers aus dem Gesichtspunkt der notariellen Amtshaftung gem. § 19 Abs. 1 BnotO folgte die Einrede der Verjährung.
LG und OLG wiesen die Klage ab. Auf die Revision des Klägers hob der BGH das Berufungsurteil auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurück.
Gründe:
Die dreijährige Verjährungsfrist gem. § 195 BGB war durch die Veränderungsmitteilung des Grundbuchamts nicht in Lauf gesetzt worden, da der Kläger und sein Bruder auf diese Weise keine Kenntnis von den den Anspruch begründenden Umständen erlangt und sich insoweit auch nicht gem. § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB grob fahrlässig in Unkenntnis befunden hatten.
Im Bereich der Notarhaftung kann die Übermittlung einer Eintragungsnachricht des Grundbuchamtes zwar im Einzelfall - insbesondere in sehr einfach gelagerten Sachen - für die Erfüllung der subjektiven Voraussetzungen des Verjährungsbeginns nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB (Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis von einer Amtspflichtverletzung des Notars) ausreichen. Geht es jedoch um komplexe, für den Geschädigten schwer überschaubare Grundbuchvorgänge, so kann nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass dieser mit der Übersendung einer Veränderungsmitteilung zugleich Kenntnis von einer Amtspflichtverletzung des Notars erlangt oder diesbezüglich fortan grob fahrlässig keine Kenntnis hat.
Infolgedessen erwies sich die Würdigung des OLG, aufgrund der Veränderungsmitteilung des Grundbuchamts hätten sich der Kläger und der Zedent in Kenntnis, jedenfalls in grob fahrlässiger Unkenntnis, der den Anspruch begründenden Umstände befunden, als rechtsfehlerhaft. Das Berufungsgericht hatte den Gesichtspunkt der Zumutbarkeit nicht ausreichend berücksichtigt und die Reichweite der grob fahrlässigen Unkenntnis des Geschädigten überspannt. Es ist grundsätzlich nicht Aufgabe des Geschädigten, die Amtsführung des Notars zu überwachen. Es trifft ihn auch nicht der Vorwurf der groben Fahrlässigkeit, wenn er nicht in Erwägung gezogen hat, von seinem Notar unzureichend belehrt worden zu sein und dieser hierdurch amtspflichtwidrig gehandelt haben könnte.
Es stehen allerdings noch abschließende Feststellungen des Berufungsgerichts zu den geltend gemachten Pflichtverletzungen sowie zum Eintritt eines durch die betreffenden Pflichtverletzungen verursachten Schadens aus, die der Senat nicht selbst treffen konnte.
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