§ 8b KStG ist im Jahr 2002 nicht auf anteilige Aktienverluste aus der Veräußerung von Investmentanteilen anwendbar
BFH 25.6.2014, I R 33/09Die Klägerin ist ein genossenschaftliches Kreditinstitut. Sie hielt alle Anteilsscheine an einem Wertpapier-Sondervermögen. Im Streitjahr 2002 hatte sie aus der Rückgabe der Anteilsscheine einen Veräußerungsgewinn i.H.v. 70.000 € erzielt, der einen besitzanteiligen sog. negativen Aktiengewinn i.H.v. 221.145 € enthielt. Dabei handelte es sich um einen die Substanz des Wertpapier-Sondervermögens betreffenden "Aktienverlust", der sich auf den Rücknahmepreis der Anteilsscheine am Wertpapier-Sondervermögen ausgewirkt hatte.
Im Anschluss an eine Außenprüfung änderte das Finanzamt den Körperschaftsteuerbescheid und rechnete den sog. negativen Aktiengewinn dem Steuerbilanzgewinn hinzu. Dazu verwies die Behörde auf § 40a Abs. 1 S. 2 u. § 43 Abs. 18 KAGG i.d.F. des Gesetzes zur Umsetzung der Protokollerklärung der Bundesregierung zur Vermittlungsempfehlung zum Steuervergünstigungsabbaugesetz vom 22.12.2003 (KAGG n.F.) i.V.m. § 8b Abs. 3 KStG 2002.
Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Auf die Revision der Klägerin hob der BFH das Urteil auf und gab der Klage statt.
Die Gründe:
Die Körperschaftsteuer 2002 wird ohne Berücksichtigung einer Hinzurechnung gem. § 8b Abs. 3 KStG 2002 aus dem Verkauf der Anteile an dem Wertpapier-Sondervermögen von 221.145 € festgesetzt.
Eine unmittelbare Anwendung des § 8b Abs. 3 (i.V.m. Abs. 2) KStG 2002 kam im vorliegenden Fall nicht in Betracht. Denn die von der Klägerin gehaltenen Anteilsscheine an dem Wertpapier-Sondervermögen waren dem sachlichen Anwendungsbereich des § 8b Abs. 2 S. 1 KStG 2002 nicht zuzurechnen. Sie stellten keine Anteile an einer Körperschaft oder Personenvereinigung dar, da das Wertpapier-Sondervermögen zivilrechtlich eine in der Vertragsform gegründete nichtrechtsfähige Vermögensmasse bildete; den Erträgen aus den Anteilsscheinen lag damit kein Gesellschaftsverhältnis zugrunde (vgl. § 6 Abs. 1 KAGG). Das Wertpapier-Sondervermögen gilt nach § 38 Abs. 1 S. 1 KAGG als Zweckvermögen i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 5 KStG 2002; es ist daher steuerrechtlich als Vermögensmasse anzusehen, an der die Anteilsscheininhaber beteiligt sind, wobei die Anteilsscheine an dem Wertpapier-Sondervermögen aber zivilrechtlich keine Anteile an einer Vermögensmasse vermitteln, sondern lediglich Miteigentum bzw. Mitgläubigerschaft an den Finanzinstrumenten des Sondervermögens verbriefen.
Das Abzugsverbot für sog. negative Aktiengewinne aus der Rückgabe von Anteilsscheinen an einem Wertpapier-Sondervermögen ergab sich nicht aus dem in § 40a Abs. 1 KAGG in der ursprünglich im Streitjahr geltenden Fassung des Gesetzes zur Senkung der Steuersätze und zur Reform der Unternehmensbesteuerung (StSenkG) vom 23.10.2000 enthaltenen Verweis auf § 8b Abs. 2 KStG 2002. § 40a Abs. 1 S. 2 KAGG n.F., der die Anwendung des § 8b Abs. 3 KStG 2002 nunmehr ausdrücklich anweist, rechtfertigte die streitgegenständliche Hinzurechnung ebenfalls nicht.
Zwar führt die Vorschrift durch den Verweis zu einem Abzugsverbot für alle Gewinnminderungen, die im Zusammenhang mit Anteilsscheinen an einem Wertpapier-Sondervermögen stehen. Hierzu gehören nicht nur Gewinnminderungen infolge von Teilwertabschreibungen auf Anteile an dem Wertpapier-Sondervermögen, sondern auch sog. negative Aktiengewinne in Verbindung mit einer Rückgabe der Anteilsscheine. Allerdings entfaltet § 43 Abs. 18 KAGG n.F. nach dem BVerfG-Beschluss vom 17.12.2013 (1 BvL 5/08) für die Veranlagungszeiträume 2001 und 2002 in formaler Hinsicht echte Rückwirkung, soweit die Vorschrift Festsetzungen für diese Veranlagungszeiträume umfasst, die noch nicht bestandskräftig sind.
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