Abfindungszahlungen an Erbprätendenten sind als Nachlassverbindlichkeit abzugsfähig
BFH 15.6.2016, II R 24/15Die Erblasserin hatte zunächst im Juni 2007 in einem notariellen Testament die Klägerin und deren Ehemann als Erben zu gleichen Teilen eingesetzt. Kurz vor ihrem Tod im Jahr 2010 ordnete sie handschriftlich an, dass ihr Finanzberater Alleinerbe sein sollte.
Der nach dem Tod der Erblasserin vor dem Nachlassgericht geführte Streit um die Erbenstellung endete in einem Vergleich. Darin nahm der Finanzberater seinen Antrag auf Erteilung eines Erbscheins gegen Zahlung einer Abfindungssumme von 160.000 € durch die Eheleute zurück. Daraufhin wurde den Eheleuten ein gemeinschaftlicher Erbschein erteilt, der sie als (Mit-)Erben zu gleichen Teilen auswies.
Das Finanzamt setzte gegen die Klägerin Erbschaftsteuer fest, ohne die anteilige Abfindungszahlung bei der Ermittlung des steuerpflichtigen Erwerbs zum Abzug zu berücksichtigen. Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Das Finanzamt rügte infolgedessen eine Verletzung von § 10 Abs. 5 Nr. 3 S. 1 ErbStG. Die Revision der Behörde blieb vor dem BFH allerdings erfolglos.
Die Gründe:
Die Abfindungszahlung, die der Erbe an den weichenden Erbprätendenten zur Beendigung eines gerichtlichen Rechtsstreits wegen Klärung der Erbenstellung entrichtet, ist als Nachlassverbindlichkeit nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 S. 1 ErbStG abzugsfähig.
Ein Abzug von Erwerbskosten als Nachlassverbindlichkeiten setzt einen unmittelbaren Zusammenhang mit der Erlangung des Erwerbs voraus. Der Begriff der Erwerbskosten ist dabei grundsätzlich weit auszulegen. Dabei hängen die Kosten, die dem letztendlich bestimmten Erben infolge eines Rechtsstreits um die Erbenstellung entstehen, regelmäßig unmittelbar mit der Erlangung des Erwerbs zusammen.
Ein Grundsatz korrespondierender Steuerbarkeit besteht im Übrigen nicht. So steht dem Abzug als Nachlassverbindlichkeit beim Zahlenden nicht entgegen, dass beim Zahlungsempfänger kein der Erbschaftsteuer unterliegender Erwerb vorliegt. Ein Widerspruch zur BFH-Rechtsprechung, nach der beim weichenden Erbprätendenten, der eine Abfindungszahlung dafür erhält, dass er die Erbenstellung nicht mehr bestreitet, kein der Erbschaftsteuer unterliegender Erwerb vorliegt, ist nicht gegeben.
Die - zur Beendigung des Rechtsstreits in dem Vergleich vereinbarte - (anteilige) Abfindung wurde u.a. durch die Klägerin bezahlt, damit der Beigeladene alle Erklärungen abgibt und Handlungen vornimmt, die erforderlich sind, dass die Klägerin und ihr Ehemann ihre alleinige Miterbenstellung erhalten, und er die Rechtsstellung der Eheleute nicht mehr bestreitet. Erst hierdurch wurde die Erteilung des Erbscheins an die Klägerin und ihren Ehemann, der die Eheleute als alleinige Miterben ausweist, möglich. Die Kosten wurden für den steuerpflichtigen Erwerb der Klägerin aufgewendet und mindern daher die Bereicherung.
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