08.11.2016

Abgabe von Starterpaketen ohne Handy als umsatzsteuerpflichtige Leistung

Die Abgabe von sog. "Starterpaketen ohne Mobilfunkgerät" durch eine im Bereich der Telekommunikation tätige GmbH, die Mobilfunkdienstleistungen von Telekommunikationsdienstanbietern vertreibt, ist auf jeder Stufe als umsatzsteuerbare und -steuerpflichtige Leistung anzusehen.

FG Düsseldorf 2.10.2016, 5 K 15/13 U
Der Sachverhalt:
Die 2007 in der Rechtsform einer GmbH gegründete Klägerin war im Streitjahr 2008 mit dem Vertrieb von Produkten im Bereich der Telekommunikation unternehmerisch tätig. Zwischen den Beteiligten ist die Steuerbarkeit des Verkaufs sog. "Starterpakete ohne Mobilfunkgerät" streitig. Im Rahmen von zwischen der Klägerin und verschiedenen Telekommunikationsdienstanbietern bestehenden Verträgen vertrieb die Klägerin diverse von ihren Vertragspartnern angebotene Mobilfunkdienstleistungen. Im Wesentlichen handelte es sich um Leistungen zweier deutscher Anbieter (A-GmbH und C-GmbH).

Die Leistungen der Firma A-GmbH werden in dem mit der Klägerin als Distributor abgeschlossenen Vertrag u.a. wie folgt beschrieben: Die Klägerin solle als Distributor die vorgenannten Leistungen von A anbieten und verkaufen. Hierbei solle sie als rechtlich und wirtschaftlich selbstständige Unternehmerin tätig werden. Unter 7.7 und 7.8 führt der Vertrag aus, dass es sich bei dem Verkauf der SIM-Starterpakete und Guthabenkarten von A an die Klägerin um einen umsatzsteuerlich nicht steuerbaren Sachverhalt handele und nur der von A an die Klägerin gewährte Rabatt als Vertriebsleistungen der Klägerin für A in Deutschland der Umsatzsteuerpflicht unterfalle, A hierüber im Wege von Gutschriften abrechnen werde. Der zwischen der Klägerin und der C-GmbH abgeschlossene Kooperationsvertrag enthält im Wesentlichen vergleichbare Bedingungen.

Im Rahmen einer bei der Klägerin durchgeführten Umsatzsteuer-Sonderprüfung stellten die Prüfer fest, dass die Klägerin im Jahr 2008 (Brutto-)Umsätze i.H.v. rd. 1.9 Mio. € aus dem Vertrieb der Starterpakete erzielt und als steuerfrei behandelt habe. Die Prüfer beurteilten in ihrem Bericht die Abgabe dieser Starterpakete ohne Mobilfunkgeräte als steuerbare und steuerpflichtige sonstige Leistungen. Die Feststellungen der Sonderprüfung in Bezug auf die hier streitige Beurteilung des Vertriebs der Starterpakete führten zu einer Erhöhung der steuerpflichtigen Umsätze um 1,6 Mio. € der Klägerin für 2008 und der hierauf entfallenden Umsatzsteuer (19 Prozent) um rd. 300.000 €.

Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Die Revision zum BFH wurde nicht zugelassen.

Die Gründe:
Die Klägerin hat von ihren Vertragspartnern A GmbH bzw. C GmbH selbst Telekommunikationsdienstleistungen und damit steuerpflichtige sonstige Leistungen bezogen und diese umsatzsteuerpflichtig in eigenem Namen und für eigene Rechnung an ihre Anbieter weiter veräußert (siehe §§ 1 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. 3 Abs. 9 und 11, 3a Abs. 4 Nr. 11 UStG).

Die steuerliche Betrachtungsweise des Finanzamts entspricht nicht nur der Rechtsprechung des EuGH (EuGH 24.9.2012, C-520/10), sondern auch der Rechtsauffassung, die das BMF bereits in seinem Schreiben vom 3.12.2001 (IV B 7 - S 7100 - 292/01) zum Ausdruck gebracht hatte. Schon damals hatte das BMF die im eigenen Namen und auf eigene Rechnung vorgenommene Abgabe von "Starterpaketen" der hier streitigen Art auf jeder Stufe als umsatzsteuerbare und -steuerpflichtige Leistung beurteilt und die von der Klägerin vertretene Sichtweise lediglich auf die Abgabe bloßer Guthabenkarten bezogen. Insoweit widerspricht die von der Klägerin und ihren Vertragspartnern bei Vertragsabschluss zugrunde gelegte umsatzsteuerrechtliche Beurteilung (siehe Art. 7.7 des Vertrages mit der A-GmbH) ganz offensichtlich nicht nur der Rechtsprechung, wie sie in dem Urteil des EuGH zum Ausdruck gekommen ist, sondern darüber hinaus auch der von der Finanzverwaltung bereits 2001 publizierten Auffassung.

Es steht der Klägerin frei, sich bei ihren Vertragspartnern, von denen sie die Starterpakete bezogen hat, um korrigierte Rechnungen mit gesondertem Umsatzsteuerausweis auch hinsichtlich der bezogenen Telekommunikationsdienstleistungen zu bemühen, die ihr nachträglich den Vorsteuerabzug eröffnen könnten. Gleichzeitig bleibt es der Klägerin unbenommen, ihren Abnehmern, bei denen es sich offensichtlich selbst um Unternehmer und Wiederverkäufer der von der Klägerin erworbenen Starterpakete handelte, nachträglich Rechnungen mit gesondertem Umsatzsteuerausweis hinsichtlich der vom Gericht als steuerpflichtig beurteilten Leistungen auszustellen, welche diesen ebenfalls nachträglich den Vorsteuerabzug ermöglichen könnten.

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