Abgabenordnung: Anordnung einer Anschlussprüfung
FG Köln 24.5.2017, 3 K 101/15Der Kläger hatte im Jahr 2000 mit Erfolg an einer REFA-Spezialausbildung zum EDV-Organisator teilgenommen. Seitdem war er selbstständig tätig. Für den Streitzeitraum erklärte der Kläger Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit als EDV-Testmanager. Sein Betrieb wurde vom Finanzamt mit Wirkung ab dem 1.1.2013 - wie in den Vorjahren - als sog. Kleinbetrieb eingestuft. Die Steuerbehörde hatte beim Kläger bereits für die Zeiträume 2003 bis 2005 und 2006 bis 2008 Betriebsprüfungen durchgeführt. Mit dem Abschluss der Prüfung für den Zeitraum 2006 bis 2008 setzte es Beklagte den Betrieb des Klägers zum Zweck einer (weiteren) Anschlussprüfung auf den Prüfungsgeschäftsplan 2014. Nach Aktenvermerk sollte im Hinblick auf vom Kläger in den Bilanzen zum 31.12.2006 bis 31.12.2008 gebildete Rückstellungen geprüft werden, ob er im Streitzeitraum gegen die zugrunde liegenden Forderungen die Einrede der Verjährung erheben kann.
Nachdem der Kläger im Zeitraum 2009/2010 ein Einfamilienhaus errichtet hatte, in dem er wohnen und seine betriebliche Tätigkeit ausüben wollte, führte das Finanzamt eine Umsatzsteuersonderprüfung durch und schloss diese im Januar 2011 ab. Die in 2011 bis 2013 eingegangenen Erklärungen zur Umsatz- und Einkommensteuer für den Streitzeitraum veranlagte das Finanzamt jeweils unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Anfang August 2014 begann die zuständige Prüferin mit der Vorbereitung einer Betriebsprüfung für den Streitzeitraum. Sie stellte durch eine Internetrecherche fest, dass der Kläger in den Jahren 2009 und 2010 Qualifikationen als Software-Tester erworben hatte. Nach dem Ergebnis der Vorbereitung sollten u.a. die bereits erwähnten Rückstellungen, der Bau des Einfamilienhauses, die Einkunftsart des Klägers und die Anpassung an die Ergebnisse der vorherigen Betriebsprüfung geprüft werden.
Durch Verfügung vom 14.8.2014 ordnete das Finanzamt unter Bezugnahme auf § 193 Abs. 1 AO an, dass beim Kläger eine Betriebsprüfung für die Einkommen-, Umsatz- und Gewerbesteuer im Streitzeitraum vorgenommen werden sollte. Der Kläger hielt das für ermessensfehlerhaft. Er, der Kläger, werde seit dem Veranlagungszeitraum 2003 ununterbrochen geprüft, mit der neuerlichen Prüfung somit neun Jahre. Gem. § 4 Abs. 3 BpO solle der Prüfungszeitraum nicht mehr als drei zusammenhängende Jahre betragen. Diese Regelung werde durch die einzelnen Prüfungsanordnungen umgangen. Bei den vorangegangenen beiden Prüfungen seien keine bzw. nur geringfügige Änderungen beim Gewinn und Umsatz vorgenommen worden.
Das FG wies die Klage allerdings ab.
Die Gründe:
Das Finanzamt war befugt, beim Kläger eine Außenprüfung der Einkommen-, Umsatz- und Gewerbesteuer für den Streitzeitraum anzuordnen. Rechtsgrundlage sind die §§ 193 Abs. 1, 194 Abs. 1, 196 AO. Die darin aufgestellten formellen und materiellen Voraussetzungen waren hier erfüllt.
Der sachliche Umfang der angeordneten Prüfung hielt sich in dem durch § 194 Abs. 1 S. 2 AO vorgegebenen Rahmen. Danach kann die Außenprüfung beim Steuerpflichtigen mehrere Steuerarten und mehrere Besteuerungszeiträume umfassen, also - wie beim Kläger - dessen Einkommen-, Umsatz- und Gewerbesteuer für den Streitzeitraum. Es handelt sich zudem bei § 193 Abs. 1 AO um eine tatbestandlich voraussetzungslose Prüfungsermächtigung. Deshalb ist es entgegen der Auffassung des Klägers nicht von Belang, ob die vorherigen Betriebsprüfungen ein nennenswertes Mehrergebnis erbracht hatten, ob seine steuerlichen Verhältnisse in der Vergangenheit bereits vollständig aufgeklärt worden war und ob die Verhältnisse im Streitzeitraum schon durch eine Prüfung an Amtsstelle ermittelt werden konnten.
Die Prüfungsanordnung enthielt letztlich auch keine Ermessensfehler i.S.d. § 102 S. 1 FGO. In der Entscheidung, ob bei einem unter § 193 Abs. 1 AO fallenden Steuerpflichtigen eine Außenprüfung angeordnet wird oder nicht, ist die Finanzbehörde frei. Das Gleiche gilt, wenn eine Außenprüfung angeordnet wird, für die Bestimmung ihres sachlichen Umfangs. Denn nach § 194 Abs. 1 S. 2 AO "kann" die Außenprüfung eine oder mehrere Steuerarten und einen oder mehrere Besteuerungszeiträume umfassen. In solchen Fällen verpflichtet § 5 AO die Finanzbehörde, ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten.
Die Außenprüfung ist ein spezielles Verfahren der Finanzbehörde, die steuerlichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen zu ermitteln. Es dient der Erfüllung des gesetzlichen Auftrags der Finanzbehörden, die Steuern nach Maßgabe der Gesetze gleichmäßig festzusetzen und zu erheben. Die Finanzbehörden sind verpflichtet, für eine steuerliche Belastungsgleichheit zu sorgen und diese auch hinsichtlich des tatsächlichen Erfolges zu gewährleisten. Die Herstellung der steuerlichen Lastengleichheit spricht für eine möglichst lückenlose Prüfung; die Verwaltung muss daher grundsätzlich alle Veranlagungszeiträume durch eine Außenprüfung kontrollieren können. Da eine umfassende Prüfung der unter § 193 Abs. 1 AO fallenden Steuerpflichtigen nicht realisierbar ist, kann sich die Finanzbehörde zumindest die prophylaktische Wirkung nutzbar machen, die in der Unberechenbarkeit eines prüfungsfreien Zeitraums zwischen den turnusmäßigen Prüfungen liegt.
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