Abgeltungsteuer-Anwendung von § 20 Abs. 9 EStG auch bei fehlendem Zufluss von Kapitalerträgen nach dem 1.1.2009
BFH 28.2.2018, VIII R 41/15Der Kläger erzielte im Streitjahr 2010 als Geschäftsführer Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit gem. § 19 EStG, seine Ehefrau, die Klägerin, im Rahmen einer Grundstücksgemeinschaft Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung gem. § 21 EStG. Der Kläger war zu 50 % an einer GmbH beteiligt, über deren Vermögen am 1.12.2004 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Einnahmen, die dem Halbeinkünfteverfahren gem. § 3 Nr. 40 EStG unterlagen, hatte er nie erzielt. Er und seine Ehefrau hatten für die Verbindlichkeiten der GmbH Bürgschaften übernommen, aus denen sie von den Banken in Anspruch genommen wurden.
Mit der Einkommensteuererklärung 2010 wurden Darlehenszinsen als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen geltend gemacht, die mit der aufgelösten GmbH im Zusammenhang stehen. Dies lehnte das Finanzamt allerdings unter Hinweis auf das ab dem Veranlagungszeitraum 2009 geltende Werbungskostenabzugsverbot gem. § 20 Abs. 9 EStG ab. Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Es war der Ansicht, dass der Abzug der geltend gemachten Schuldzinsen im Veranlagungszeitraum 2010 nicht durch das Werbungskostenabzugsverbot des § 20 Abs. 9 EStG ausgeschlossen sei. § 20 Abs. 6 EStG stehe einer Verrechnung der so entstehenden negativen Einkünfte aus Kapitalvermögen mit anderen Einkünften nicht entgegen.
Auf die Revision des Finanzamtes hat der BFH das Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Gründe:
Das Finanzamt hatte zu Recht den streitigen Abzug nachträglicher Werbungskosten im Streitjahr unter Hinweis auf die seit Einführung der Abgeltungsteuer ab dem 1.1.2009 geltende Werbungskostenabzugsbeschränkung in § 20 Abs. 9 EStG abgelehnt.
Schuldzinsen für die Finanzierung der Anschaffung einer im Privatvermögen gehaltenen wesentlichen Beteiligung, die auf Zeiträume nach Beendigung einer Beteiligung entfallen, können ab dem Veranlagungszeitraum 2009 nicht mehr als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen abgezogen werden, weil der Werbungskostenabzug gem. § 20 Abs. 9 S. 1 EStG ausgeschlossen ist. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Wortlaut des § 52a Abs. 10 S. 10 EStG, weil die Regelung ausweislich seines Zwecks, den zeitlichen Anwendungsbereich für das Werbungskostenabzugsverbot in § 20 Abs. 9 EStG zu bestimmen, nur darauf bezogen ist, die abziehbaren und die nicht abziehbaren abgeflossenen Werbungskosten über die Stichtagsregelung voneinander abzugrenzen.
Dagegen hat der Gesetzgeber in § 52a Abs. 10 S. 10 EStG nicht geregelt, dass er ab 2009 einerseits die Abgeltungsteuer mit dem Abzugsverbot des § 20 Abs. 9 EStG als Kernbestandteil einführen und daneben andererseits für Aufwendungen, die durch vor dem 1.1. 2009 zugeflossene Einkünfte veranlasst waren, zeitlich unbefristet (mit der Notwendigkeit einer Einzelfallprüfung) die Möglichkeit gewähren wollte, solche Aufwendungen als negative Einkünfte aus Kapitalvermögen neben dem Sparer-Pauschbetrag abzuziehen. Auf dieser Grundlage findet das Werbungskostenabzugsverbot des § 20 Abs. 9 S. 1 EStG auch dann Anwendung, wenn nach dem 31.12.2008 getätigte Ausgaben mit Kapitalerträgen zusammenhängen, die bereits vor dem 1.1.2009 zugeflossen sind. Das Werbungskostenabzugsverbot des § 20 Abs. 9 EStG ist letztlich verfassungsgemäß.
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