21.01.2015

Abgeltungsteuer: Schuldzinsen als Werbungskosten

Im Zusammenhang mit einer teilweise kreditfinanzierten Festgeldanlage im Veranlagungszeitraum 2008 angefallene Schuldzinsen können in vollem Umfang als Werbungskosten abgezogen werden, auch wenn die Zinsen aus dem Festgeld erst im Veranlagungszeitraum 2009 zufließen". § 20 Abs. 9 S. 1 2. Halbs. EStG i.d.F. des UntStRefG 2008 ist erstmalig ab dem Veranlagungszeitraum 2009 anzuwenden.

BFH 27.8.2014, VIII R 60/13
Der Sachverhalt:
Die Beteiligten streiten um die Abziehbarkeit von im Streitjahr 2008 geleisteten Schuldzinsen. Die Kläger sind Eheleute, die im Streitjahr zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Im Mai 2008 nahm der Kläger bei einem Kreditinstitut einen Kredit i.H.v. 300.000 € auf, der am 30.1.2009 zurückzuzahlen war. Zur Besicherung des Kredits verpfändete der Kläger sein Festgeld mit einem Mindestguthaben von 300.000 €. Der Darlehensbetrag und weitere 600.000 € des Klägers, die bereits zuvor bei dem Kreditinstitut auf einem Geldmarktkonto angelegt waren, wurden am 19.5.2008 seinem Festgeldkonto bei dem Kreditinstitut Sparkasse gutgeschrieben; der Festgeldkontostand betrug zum 19.5.2008 900.001 €.

Im Jahr 2008 leistete der Kläger Zinsen für den Kredit i.H.v. insgesamt rd. 10.300 €. Am 30.1.2009 wurden dem Kläger auf seinem Festgeldkonto Zinsen für die Zeit vom 5.5.2008 bis 30.1.2009 i.H.v. rd. 30.000 € abzgl. rd. 7.000 € Kapitalertragsteuer und abzgl. rd. 390 € Solidaritätszuschlag gutgeschrieben. Am selben Tag buchte der Kläger die angelegten 900.001 € und die (Netto-)Zinsen i.H.v. rd. 22.400 € auf ein anderes Konto um und tilgte durch eine weitere Umbuchung den Kredit.

In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machte der Kläger die Zinsen für den Kredit als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus Kapitalvermögen geltend. Das Finanzamt berücksichtigte die Schuldzinsen bei der Festsetzung der Einkommensteuer für 2008 wegen fehlender Überschusserzielungsabsicht nicht. Im Widerspruchsbescheid verneinte das Finanzamt die Überschusserzielungsabsicht hinsichtlich der Festgeldanlage nicht mehr und stützte die Versagung des Schuldzinsenabzugs auf § 20 Abs. 9 S. 1 2. Halbs. EStG i.d.F. des UntStRefG 2008 i.V.m. § 52a Abs. 10 S. 10 EStG.
 
Das FG gab der dagegen erhobenen Klage, mit der die Kläger im Wesentlichen geltend machten, das Abzugsverbot des § 20 Abs. 9 S. 1 2. Halbs. EStG i.V.m. § 52a Abs. 10 S. 10 EStG betreffe nicht Werbungskosten, die bereits im Jahr 2008 gezahlt worden seien, statt. Die Revision des Finanzamts hatte vor dem BFH keinen Erfolg.

Die Gründe:
Die Auffassung des FG, im Veranlagungszeitraum 2008 entrichtete Schuldzinsen für einen Kredit, der zur Finanzierung einer Festgeldanlage eingesetzt worden ist, seien in vollem Umfang als Werbungskosten abzuziehen, obwohl dem Kläger im Jahr 2009 aus dem Festgeld Zinsen zugeflossen sind, hält der revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

Zutreffend geht das FG davon aus, dass die Schuldzinsen (vorab entstandene) Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus Kapitalvermögen sind. Werbungskosten i.S.v. § 9 Abs. 1 S. 1 EStG sind alle Aufwendungen, die durch die Erzielung steuerpflichtiger Einnahmen veranlasst sind. Die vom Kläger gezahlten Schuldzinsen sind Werbungskosten. Der Kläger hat den Kredit für seine Festgeldanlage verwendet. Auch hat er hinsichtlich der Festgeldanlage mit Überschusserzielungsabsicht gehandelt, da er bezogen auf die gesamte Dauer der Festgeldanlage einen Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten i.H.v. (rd. 30.000 € Festgeldzinsen ./. rd. 10.300 € Schuldzinsen =) rd. 19.500 € erzielt hat.

Zutreffend geht das FG auch davon aus, dass § 20 Abs. 9 S. 1 EStG dem Werbungskostenabzug nicht entgegensteht. Danach können Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen ab dem Veranlagungszeitraum 2009 grundsätzlich nicht mehr abgezogen werden. Abziehbar ist lediglich ein Sparer-Pauschbetrag i.H.v. 801 €, der bei Ehegatten, die zusammen veranlagt werden, auf 1.602 € verdoppelt wird. Diese Regelung ist vorliegend allerdings nicht anwendbar. Denn nach § 52a Abs. 2 EStG ist § 2 Abs. 2 EStG, welcher für die Einkünfte aus Kapitalvermögen anordnet, dass § 20 Abs. 9 EStG (vorbehaltlich der Regelung in § 32d Abs. 2 EStG) an die Stelle der §§ 9 und 9a EStG tritt, erstmals ab dem Veranlagungszeitraum 2009 anzuwenden.

Insoweit können im Veranlagungszeitraum 2008 - vor dem Systemwechsel zur Abgeltungsteuer - angefallene Schuldzinsen bei Ermittlung der Einkünfte aus Kapitalvermögen abgezogen werden, auch wenn die damit zusammenhängenden Kapitalerträge erst in späteren Jahren anfallen und dann der Abgeltungsteuer unterliegen. Denn der Gesetzgeber wollte mit der Abgeltungsteuer die Besteuerung der Kapitaleinkünfte nicht schon zum 1.1.2008, sondern erst zum 1.1.2009 umsetzen.

Das hat zur Folge, dass das Werbungskostenabzugsverbot des § 20 Abs. 9 EStG auf Kapitalerträge grundsätzlich nur im Kalenderjahr ihres Zuflusses anzuwenden ist, d.h. ab 2009. Anhaltspunkte dafür, dass § 20 Abs. 9 EStG erstmalig - und veranlagungszeitraumübergreifend - bereits auf Werbungskosten anzuwenden ist, die mit nach dem 31.12.2008 zufließenden Kapitalerträgen zusammenhängen, aber schon vorher angefallen sind, sind nicht zu erkennen.

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BFH PM Nr. 6 vom 21.1.2015
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