Abgrenzung der einheitlichen Erstausbildung von der berufsbegleitenden Zweitausbildung
Kurzbesprechung
BFH v. 7.4.2022 - III R 22/21
EStG § 32 Abs. 4 Satz 2, § 32 Abs. 4 Satz 3, EStG §§ 62 ff.
Die Klägerin ist die Mutter einer 1999 geborenen Tochter, die im August 2020 ein duales Studium zur Diplom-Finanzwirtin erfolgreich abschloss. Anschließend nahm die Tochter eine Tätigkeit im gehobenen Dienst der Finanzverwaltung auf, die zunächst 40 Wochenstunden und ab Dezember 2020 28 Wochenstunden umfasste. Im Oktober 2020 begann die Tochter ein Studium der Rechtswissenschaften. Die Familienkasse lehnte eine Kindergeldgewährung wegen des Universitätsstudiums ab September 2020 ab, da sie der Auffassung war, dass die Tochter ihre Erstausbildung bereits mit dem dualen Studium zur Diplom-Finanzwirtin abgeschlossen habe. Das Studium der Rechtswissenschaften sei eine Zweitausbildung, die wegen der zu umfangreichen Erwerbstätigkeit der Tochter kindergeldrechtlich nicht mehr berücksichtigt werden könne.
Klage und nachfolgend auch die Revision blieben erfolglos. Volljährige Kinder, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, werden nach Abschluss einer Erstausbildung während einer Zweitausbildung kindergeldrechtlich nur berücksichtigt, wenn sie keiner Erwerbstätigkeit von mehr als 20 Wochenstunden nachgehen (§ 32 Abs. 4 Sätze 2 und 3 EStG). Ob mehrere Ausbildungen zu einer einheitlichen Erstausbildung zusammengefasst werden können oder es sich um eine Erst- und eine Zweitausbildung handelt, hängt von mehreren Faktoren ab. Zunächst setzt eine einheitliche Erstausbildung einen engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang zwischen den Ausbildungsabschnitten voraus. Diesen hatte das FG im Hinblick auf den kurzen zeitlichen Abstand und die inhaltliche Nähe der beiden Studiengänge zu Recht bejaht. Zudem muss die Ausbildung im zweiten Abschnitt noch die Haupttätigkeit des Kindes darstellen und nicht hinter die Erwerbstätigkeit zurücktreten. Insofern ist eine Gesamtbetrachtung durchzuführen.
Da das FG festgestellt hatte, dass die Tochter bereits ein längerfristiges Beschäftigungsverhältnis aufgenommen hatte, für das der Ausbildungsberuf "Diplom-Finanzwirtin" Voraussetzung war, allenfalls gleichviel Zeit in die Ausbildung und in die Erwerbstätigkeit investierte und sich die Ausbildungszeiten nach den arbeitsfreien Zeiten richteten, sprach die Gesamtbetrachtung für eine berufsbegleitend durchgeführte Weiterbildung (Zweitausbildung). Daher kam es auf den Umfang der Erwerbstätigkeit an, der über der Grenze von 20 Wochenstunden lag, so dass der BFH das Bestehen eines Kindergeldanspruches verneinte.
Verlag Dr. Otto Schmidt
EStG § 32 Abs. 4 Satz 2, § 32 Abs. 4 Satz 3, EStG §§ 62 ff.
Die Klägerin ist die Mutter einer 1999 geborenen Tochter, die im August 2020 ein duales Studium zur Diplom-Finanzwirtin erfolgreich abschloss. Anschließend nahm die Tochter eine Tätigkeit im gehobenen Dienst der Finanzverwaltung auf, die zunächst 40 Wochenstunden und ab Dezember 2020 28 Wochenstunden umfasste. Im Oktober 2020 begann die Tochter ein Studium der Rechtswissenschaften. Die Familienkasse lehnte eine Kindergeldgewährung wegen des Universitätsstudiums ab September 2020 ab, da sie der Auffassung war, dass die Tochter ihre Erstausbildung bereits mit dem dualen Studium zur Diplom-Finanzwirtin abgeschlossen habe. Das Studium der Rechtswissenschaften sei eine Zweitausbildung, die wegen der zu umfangreichen Erwerbstätigkeit der Tochter kindergeldrechtlich nicht mehr berücksichtigt werden könne.
Klage und nachfolgend auch die Revision blieben erfolglos. Volljährige Kinder, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, werden nach Abschluss einer Erstausbildung während einer Zweitausbildung kindergeldrechtlich nur berücksichtigt, wenn sie keiner Erwerbstätigkeit von mehr als 20 Wochenstunden nachgehen (§ 32 Abs. 4 Sätze 2 und 3 EStG). Ob mehrere Ausbildungen zu einer einheitlichen Erstausbildung zusammengefasst werden können oder es sich um eine Erst- und eine Zweitausbildung handelt, hängt von mehreren Faktoren ab. Zunächst setzt eine einheitliche Erstausbildung einen engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang zwischen den Ausbildungsabschnitten voraus. Diesen hatte das FG im Hinblick auf den kurzen zeitlichen Abstand und die inhaltliche Nähe der beiden Studiengänge zu Recht bejaht. Zudem muss die Ausbildung im zweiten Abschnitt noch die Haupttätigkeit des Kindes darstellen und nicht hinter die Erwerbstätigkeit zurücktreten. Insofern ist eine Gesamtbetrachtung durchzuführen.
Da das FG festgestellt hatte, dass die Tochter bereits ein längerfristiges Beschäftigungsverhältnis aufgenommen hatte, für das der Ausbildungsberuf "Diplom-Finanzwirtin" Voraussetzung war, allenfalls gleichviel Zeit in die Ausbildung und in die Erwerbstätigkeit investierte und sich die Ausbildungszeiten nach den arbeitsfreien Zeiten richteten, sprach die Gesamtbetrachtung für eine berufsbegleitend durchgeführte Weiterbildung (Zweitausbildung). Daher kam es auf den Umfang der Erwerbstätigkeit an, der über der Grenze von 20 Wochenstunden lag, so dass der BFH das Bestehen eines Kindergeldanspruches verneinte.