Abgrenzung der steuerbaren Veräußerung eines Patents von einer sog. "Zufallserfindung"
FG Düsseldorf 6.4.2016, 2 K 896/14 EDer Kläger ist Diplom-Kaufmann und war als Verkaufsleiter für das Produkt X bei der Firma A tätig. Im Jahr 1990 machte er sich selbständig und gründete die B-GmbH, als deren Geschäftsführer er tätig ist. Die GmbH handelt mit dem Produkt X. Der Kläger hatte 1998 vier Patentansprüche im Zusammenhang mit einem Verfahren zur Optimierung von Zusatzstoffen zum SpezialProdukt SP beim Deutschen Patentamt angemeldet. Ein Jahr später meldete die B-GmbH die Marke "M" für das Spezialprodukt SP an. Außerdem wurde die C-GmbH & Co. KG gegründet. Komplementärin ohne vermögensmäßige Beteiligung ist die B-GmbH, Kommanditist der Kläger.
Der Prüfer des Patentamtes hielt den Anspruch zu 1) für unverständlich, die Ansprüche 2) und 3) vermittelten keine klare Lehre und völlig unklar sei, was durch den vierten Anspruch geschützt werden sollte. Die Patentanwälte und der Kläger überarbeiteten den Anmeldungstext und reichten ihn 2004 erneut beim Patentamt ein. Daraufhin wurde im Oktober 2004 das Patent erteilt. Das patentierte Verfahren ist bislang nicht lizenziert worden. Nachdem es 2006 zu erheblichen Umsatz- und Gewinneinbrüchen bei der B-GmbH gekommen war, übertrug der Kläger 2007 das Gebrauchsmuster für 10.000 € und das Patent für 140.000 € auf die B-GmbH.
Der Kläger erklärte für das Streitjahr 2007 Einkünfte als Mitunternehmer der C-GmbH & Co. KG entsprechend der einheitlichen und gesonderten Feststellung in Höhe von 0 € und wurde zunächst entsprechend veranlagt. Nach einer Außenprüfung kam die Prüferin zu dem Ergebnis, dass der Kläger nachhaltig freiberuflich tätig geworden sei. Der Kläger habe mit der Ausarbeitung eines Ausführungsbeispiels neben der Patent- auch die Verwertungsreife hergestellt. Dies spreche für die Nachhaltigkeit der Tätigkeit. Die Prüferin kündigte an, die Verkaufserlöse aus dem Patent bzw. Gebrauchsmuster als Gewinn gem. § 18 Abs. 3 EStG i.H.v. 150.000 € bei der Einkommensteuerveranlagung zu berücksichtigen. Das Finanzamt änderte den Einkommensteuerbescheid 2007 und berücksichtigte einen gewerblichen Veräußerungsgewinn i.H.v. 150.000 €, den es um einen Freibetrag gem. § 16 Abs. 4 EStG i.H.v. 31.000 € verminderte und gem. § 34 Abs. 3 EStG versteuerte.
Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Allerdings wurde zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung die Revision zum BFH zugelassen.
Die Gründe:
Das Finanzamt hatte zu Recht den Gewinn aus der Veräußerung des Patents bzw. Gebrauchsmusters als steuerbare Einkünfte behandelt.
Der BFH hat die Grundsätze zur Abgrenzung zwischen der vorübergehenden und der gelegentlichen Erfindertätigkeit in seinem Urteil vom 10.9.2003 (Az.: XI R 26/02) zusammengefasst: Nachhaltig ist demnach eine Tätigkeit, wenn sie von der Absicht getragen ist, sie zu wiederholen und daraus eine Einkunftsquelle zu machen, und wenn sie sich objektiv als nachhaltig darstellt. Vorübergehend i.S.d. § 18 Abs. 2 EStG ist eine Tätigkeit, wenn sie planmäßig nur einmalig oder wenige Male, jedoch mit der Absicht ausgeübt wird, sie bei sich bietender Gelegenheit zu wiederholen. Der sog. Zufallserfindung liegt mangels Wiederholungsabsicht keine nachhaltige Tätigkeit zu Grunde. Dies kann insbesondere bei branchenfremden Erfindern der Fall sein.
Wird ein Steuerpflichtiger wiederholt erfinderisch tätig, sei es, um auf den erfinderischen Gedanken zu kommen, sei es um die Verwertungsreife einer Erfindung zu fördern, so ist die vorübergehende Tätigkeit auch dann nachhaltig, wenn der Steuerpflichtige letztlich nur eine Erfindung macht. Da der Steuerpflichtige selbst das Merkmal der nachhaltigen Tätigkeit erfüllen muss, können allerdings nur solche Tätigkeiten berücksichtigt werden, die er selbst ausführt oder die von Dritten in seinem Auftrag ausgeführt werden. Tätigkeiten eines Dritten im Rahmen seines Gewerbebetriebes nach Erwerb der (patentierten) Erfindung können dem Veräußerer der Erfindung nicht mehr zugerechnet werden.
Infolgedessen war die Tätigkeit des Klägers als nachhaltig anzusehen. Maßgeblich war insbesondere, dass er kein Branchenfremder war. Außerdem war die Erfindung auch nicht im Wege einer völlig unvermittelten "spontanen Eingebung" erfolgt, sondern stellte die Antwort auf eine Frage dar, die den Kläger nach eigenem Bekunden bereits länger beschäftigt hatte. Die Nachhaltigkeit ergab sich aus den Tätigkeiten, die der Kläger zeitlich nach der Erfindung entfaltet hatte. Die nach fast sieben Jahren patentierte Erfindung beschränkte sich auch nicht auf eine bloße abstrakte Idee.
Die Tätigkeiten des Klägers im Rahmen des Patenterteilungsverfahren gingen über die üblichen Tätigkeiten hinaus, die notwendigerweise - auch im Fall einer echten Zufallserfindung, die aus sich heraus sofort verwertungsreif ist - nach der eigentlichen Erfindungshandlung erforderlich wären, um das Recht des Erfinders auf ausschließliche Verwertung zu schützen und die Erfindung bekannt zu machen. Die Gewinnerzielungsabsicht des Klägers stand außer Frage. Ein niedriger Verkaufspreis stellt nämlich die Gewinnerzielungsabsicht nicht in Frage.
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