Abgrenzung von gewerblichem Grundstückshandel und privatem Veräußerungsgeschäft bei Verkauf nach Betriebsaufgabe
FG Baden-Württemberg 5.4.2017, 4 K 1740/16Der Kläger ist seit über 30 Jahren als gewerblicher Grundstückshändler tätig. Daneben hatte er auf im Jahr 1992 erworbenen Grundstücken einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb unterhalten, für den er zum 30.6.2005 die Betriebsaufgabe erklärte.
Im Zusammenhang mit der Betriebsaufgabe traf der Kläger mit dem Finanzamt eine tatsächliche Verständigung, wonach die Grundstücke zu einem bestimmten Wert (Teilwert) als entnommen und i.S.d. § 23 EStG als angeschafft gelten. Nachdem der Kläger im Rahmen der Liquidation des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs die Grundstücke im Streitjahr 2009 verkauft hatte, machte er den hieraus entstandenen Veräußerungsverlust bei seinen gewerblichen Einkünften als Grundstückshändler geltend.
Demgegenüber vertrat das Finanzamt die Auffassung, dass der Verlust aus der Veräußerung der Grundstücke nicht dem gewerblichen Grundstückshandel zuzuordnen sei. Es liege ein privates Veräußerungsgeschäft i.S.v. § 23 EStG vor.
Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Die Revision des Klägers wird beim BFH unter dem Az. X R 26/17 geführt.
Die Gründe:
Die Veräußerung der Grundstücke ist nicht dem gewerblichen Grundstückshandel des Klägers zuzuordnen.
Die Grundstücke waren weder gewillkürtes noch notwendiges Betriebsvermögen des Grundstückshandels. Der Kläger hat die Grundstücke im Jahr 1992 nicht mit Veräußerungsabsicht gekauft, sondern um darauf langfristig Land- und Forstwirtschaft zu betreiben. Die Entnahme des Objekts aus dem land- und forstwirtschaftlichen Betriebsvermögen stellt mangels Rechtsträgerwechsel keine Anschaffung dar. Die Entnahme ist auch nicht aus sonstigen Gründen als Anschaffung für den gewerblichen Grundstückshandel des Klägers zu behandeln. Ein gewerbliches Grundstücksgeschäft liegt nicht vor, wenn die Fruchtziehung durch Selbstnutzung oder Vermietung im Vordergrund steht. Erwerb und Veräußerung des Grundstücks stellen dann lediglich Beginn und Ende dieser auf Fruchtziehung gerichteten Tätigkeit dar.
Diese Grundsätze gelten nicht lediglich für Grundstücke im Privatvermögen. Jede langfristige "Fruchtziehung" hat in dieser Weise indizielle Bedeutung. Es kommt nicht darauf an, ob die (Selbst-)Nutzung zu privaten Wohnzwecken oder im Rahmen einer Überschusseinkunftsart, z.B. Vermietung, oder aber im Rahmen einer Gewinneinkunftsart stattfindet. Maßgeblich ist nur, dass der Steuerpflichtige - wie hier der Kläger - die Absicht hat, aus dem zu erhaltenden Substanzwert des Grundstücks durch langfristige (Selbst-)Nutzung Früchte zu ziehen.
Die Regelung in § 23 Abs. 1 S. 2 EStG zur Anschaffungsfiktion bei Entnahme eines Grundstücks ist im Anwendungsbereich des § 15 EStG nicht analog anwendbar. Das ergibt sich bereits aus dem Umstand, dass für die Beurteilung des gewerblichen Grundstückshandels - anders als im Anwendungsbereich des § 23 EStG - weder gesetzliche noch starre Fristen gelten. § 23 Abs. 1 S. 2 EStG regelt auch nicht die Zugehörigkeit eines Wirtschaftsguts zum Betriebs- oder Privatvermögen, sondern setzt Letzteres voraus.
Aus der tatsächlichen Verständigung zwischen dem Kläger und dem Finanzamt ergibt sich kein anderes Ergebnis. Das Finanzamt ist nicht nach Treu und Glauben daran gehindert, den Verlust aus der Veräußerung des Objekts den Verlusten aus § 23 EStG zuzuordnen. Der Kläger und das Finanzamt haben sich nur über die Entnahmewerte bei Betriebsaufgabe verbindlich verständigen können. Eine tatsächliche Verständigung über die künftige Behandlung einer etwaigen Veräußerung des Objekts konnte und wurde nicht getroffen. Im Übrigen ist nicht ansatzweise ersichtlich, weshalb die im Rahmen der tatsächlichen Verständigung getroffene Feststellung, die "Privatentnahme des Grundstücks" gelte "als Anschaffung i.S.d. § 23 EStG", die Auffassung des Klägers stützen soll, die Veräußerung der Grundstücke wäre dem gewerblichen Grundstückshandel zuzuordnen.
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